
“Vernunft und kleine Schritte – Ein Lob des langen Arguments“, so lautet die Überschrift eines Beitrags, den ich für das prmagazin geschrieben habe. Das passt ganz gut zum Audio-Live-Talk auf LinkedIn im Corporate-Influencer-Club um 17:30 Uhr.
Im Social Web gibt es einen Überschuss an Polarisierung, Dauererregung und reflexhaften Aburteilungen. „Wer nicht auf eine Politik der Gefühle setzt, auf Extremismus, der macht kein Geschäft. Es gibt kein Entrinnen. Das Politische ist privat, was so viel bedeutet wie: Der Blödsinn dringt durch jede Ritze, es gibt keine Rückzugsorte mehr“, schreibt der Journalist Wolf Lotter in einem Beitrag für „Der Standard“.
Die Aufmerksamkeitslogiken von Twitter, Facebook und Co. wirken dabei wie ein Teilchenbeschleuniger.
Es dominieren kurzlebige Empörungswellen und populistisches Fastfood. Kein eigenes Denken, sondern modische Haltung to go zum schnellen Runterschlingen.
Was wir brauchen, hat vor ein paar Jahren die re:publica-Konferenz zum Ausdruck gebracht: Ein Lob des langen Arguments. Das betonte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Eröffnungsrede. Das ist ein Bekenntnis zu Recherche, Differenzierung und Abwägung, gegen Unwissen, Grobschlächtigkeit und Vereinfachung. Die Botschaft des Staatsoberhauptes ist eindeutig formuliert:
Man braucht einen Schritt vom Vernetzten zum Verbundensein:
„Ob er gelingt, das entscheidet sich nicht durch immer neue Technologiesprünge, sondern das entscheidet sich an einer demokratischen Diskussions- und Streitkultur im Netz, an der Rückgewinnung des politischen Raumes, gegen das ‚too long, didn’t read‘, gegen die reine Ökonomisierung und gegen die Machtkonzentration der Datenriesen. Nicht etwa die Digitalisierung der Demokratie, sondern die Demokratisierung des Digitalen – das ist die drängendste Aufgabe.“
Es geht nicht um die Durchsetzung von Tabula-Rasa-Methoden oder um die Allwissenheit von Politikerinnen und Politikern, die sich gerne in der Pose des Machers darstellen, sondern um Versuch und Irrtum. Niemand ist in der Lage, alles richtig zu machen. Niemand kann genau wissen, wie sich Gesellschaft und Wirtschaft entwickeln.
Problematisch in der Politik sei häufig die Kombination von Wirrnis und Aggressivität in der politischen Debatte, so der Wissenschaftstheoretiker Karl Popper.
Mit der von Popper entwickelten Stückwerk-Sozialtechnik pflegt man hingegen eine nüchterne Diskussionskultur, da es nicht um abstrakte Ideale geht, unter denen möglicherweise jeder etwas anderes versteht, sondern um kleine Schritte.
Popper ist der Auffassung, dass uns „die Anwendung der Methode des stückweisen Umbaus über die allergrößte Schwierigkeit jeder vernünftigen politischen Reform hinweghelfen wird, nämlich über die Frage, wie wir es anstellen sollen, dass bei der Durchsetzung des Programms die Vernunft und nicht die Leidenschaft und Gewalt zu Worte kommt“.
In einer Politik der kleinen Schritte fällt es leichter, sich zu korrigieren und Fehler zu identifizieren. Für viele politischen Protagonisten ist diese Methode natürlich eine Zumutung. „Ein solches Herumbasteln entspricht nicht dem politischen Temperament vieler Aktivisten“, schreibt Popper. Die wollen eher schnelle Lösungen aus der Tasche zaubern und sich als unfehlbare Macher profilieren. Entscheidet in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft müssen als Vorbilder etwas anderes vorleben: Die Kraft zur genauen und nachvollziehbaren Analyse, Selbstbeherrschung, Augenmaß und Beharrlichkeit. Ansonsten gewinnen die Extremisten.
Das ist ein Aspekt im netzöffentlichen Diskurs.
Mit Schönwetter-Kommunikation kommt man da allerdings nicht voran.
Das alte Mantra von Milton Friedman hat sich erledigt: “The business of business is business.”




In der Schule, Hochschule und in der Einstellungspolitik werden die Menschen zu Managern erzogen und nicht zu Führungspersönlichkeiten. „Es gibt kein Personalmanagement, um das ändern zu können. Der Rebell fliegt sofort raus. In einer reibungslos funktionierenden Organisation sind die Menschen nur das Getriebeöl“, meint Ralf Schwartz.