
Zur Zeit kann nicht jede Bestellung erfüllt werden. 74 Prozent der Einzelhändler klagten im September über entsprechende Probleme. Das geht aus einer Umfrage des ifo Instituts hervor. „Die Beschaffungsprobleme aus der Industrie sind nun auch hier angekommen“, sagt der Leiter der ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. „Manches Weihnachtsgeschenk wird vielleicht nicht lieferbar sein oder teuer werden.“
Im Fahrradeinzelhandel berichteten 100 Prozent aller befragten Unternehmen von Problemen bei ihren Bestellungen. „Gegenwärtig ist Sand im Getriebe der weltweiten Logistik. Zudem sind Frachtraten in der Schifffahrt deutlich erhöht worden“, so Wohlrabe. Bei den Baumärkten (99 Prozent) und Möbelhäusern zeigen sich die Nachwirkungen der Holzpreis-Rallye im ersten Halbjahr. Durch die Knappheit bei Chips und Halbleitern führt bei Händlern mit elektronischen Produkten aller Art dazu, dass nicht jedes Produkt sofort verfügbar ist. Das melden 97 Prozent der Einzelhändler von Unterhaltungselektronik. Im Kfz-Handel (88 Prozent) zeigen sich die Lieferprobleme insbesondere bei Elektroautos. Aber nicht nur da. So sind beispielsweise Nutzfahrzeuge nur noch schwer zu bekommen.
Als Konsequenz nehmen jetzt auch die Einzelhändler Preiserhöhungen ins Visier. „Die Industrie hat Preiserhöhungen angekündigt und diese kommt jetzt zwangsläufig im Einzelhandel an“, sagt Wohlrabe.
Von Spielekonsolen bis zum Druck von Zeitschriften und Büchern. Überall gibt Lieferengpässe und eine neue Mangelwirtschaft, wie es die FAZ ausgedrückt hat: “Das dürfte sich auch in der Konjunkturprognose niederschlagen, die am kommenden Donnerstag die fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute vorstellen werden.”
3,5 Prozent Wachstum sind in diesem Jahr wohl nicht mehr zu erzielen. Viele Ökonomen gehen davon aus, dass die Engpässe bald der Vergangenheit angehören – vergleichbar mit 2020. Sind das empirische belegbare Prognosen oder eher Hoffnungen? Befürchte Letzteres.
Viele Produktionsstätten laufen nur mit geringer Kapazität. Laut VDMA werden sogar schon Liefertermine erst für 2023 genannt. In der Politik gibt es Pläne, mit Fördermitteln eine Rückverlagerung der Produktion von Asien nach Europa in Gang zu setzen – beispielsweise die Chipproduktion. Der Ökonom Jens Südekum setzt auf solche Förderprogramme: Wenn Deutschland das führende Autoland der Welt bleiben wolle, könne es nicht Herzstück des Antriebsstranges aus Asien importieren, argumentiert er nach einem Bericht der FAZ.
Geht diese Rechnung auf? Setzt die Wirtschaftspolitik auf ein falsches Pferd?
Was ist von einer Re-Industrialisierung in Europa zu halten? Blütenträume. Am Ende sind sogar massive Wohlstandsverluste hinzunehmen. Die Unternehmen werden Vorprodukte weiterhin in Asien einkaufen. Man braucht sich nur die Fertigungstiefe in Deutschland anschauen.
Besser wäre es, in wichtigen Exportmärkten Direktinvestitionen vorzunehmen, so der Ratschlag von Hermann Simon. Für Deutschland wären das vor allem China und die USA.
Nachzulesen im neuen Opus von Professor Hermann Simon:

Mehr dazu am Mittwoch im #DigitalXStudio, um 11 Uhr:
Siehe auch das komplette Interview mit Hermann Simon: