Beim Jedermann-TV via Hangout on Air, dem Einsatz von Smartphones im mobilen Journalismus und bei der Experimentierfreudigkeit der Youtube-Szene ist es klar, was Thomas Nowara von Schnittpunkt in unserem kleinen Medien-Battle zum Ausdruck bringt: Viele alte Hasen der Medienbranche haben Angst um ihren Job, “weil viele neue Marktteilnehmer mit guten Ideen auf den Markt drängen und sich damit auch durchsetzen werden”.
Und dabei geht es gar nicht um das technische Equipment: Viel entscheidender, lieber Thomas, sind die kulturellen Unterschiede, die auch beim zweiten Bewegtbild-Stammtisch im Kölner Startplatz deutlich wurden: TV-Leute, die Internet machen oder machen wollen, können es nicht und die Youtube-Szene, die im Internet abgefeiert wird, will mit den Fernsehleuten nichts zu tun haben, wie es Friedhelm Bixschlag, Geschäftsführer der Kölner MMC-Studios, in seinem Vortrag deutlich sagte. Hier gibt es einen großen Spagat, der einfach von den TV-Produzenten nicht verstanden wird:
“Die Internet-Plattformen brauchen das Fernsehen nicht, aber das Fernsehen braucht das Internet”, so Bixschlag.
Der Kostendruck auf der Produktionsseite im klassischen Fernsehen sei gewaltig. Man braucht sich ja nur die Infrastruktur von MMC anschauen. Ein 15-Hektar-Gelände mit 19 Studios und über 26.000 Quadratmetern Studiofläche. Eine Produktion wie die Live-Shows von DSDS verlangt den Einsatz von bis zu 25 Kameras und 150 bis 200 Mitarbeitern. Und nur die großen Shows lasten diese Studios wirklich aus. Content-Innovationen, die über das Casting-Gedöns hinausgehen, sind im TV-Geschäft eher Mangelware. Experimentierfreudigkeit und Geduld bei der Entwicklung von neuen Formaten sind im Privatfernsehen kaum vorhanden. Bixschlag muss seinen Beton (Formulierung stammt vom MMC-Geschäftsführer) – also seine Studios – in ein neues Zeitalter bringen. Es müsse mehr Geld in wirklich guten Content gesteckt werden. Die Qualität der Internet-Produktionen, die Christoph Krachten von MediakraftNetworks beim Bewegtbild-Stammtisch präsentierte, habe ihn beeindruckt, so Bixschlag. Vor allem im Vergleich zu den Moderationen, die in seinen Studios über die Bühne gehen. Krachten skizzierte die neuesten Youtube-Trends und die gehen in Richtung Information sowie Nachrichten. Etwa die Videos von LeFloid. Herzerfrischend finde ich seine Attacke gegen die GEMA:
Einen Schritt in die neue Welt setzt MMC deshalb auch mit Produktionen, die nur für das Internet gemacht werden. Etwa die League of Legends World Championship. Die Gaming-Finalrunden werden live ins Netz gestreamt mit Zuschauerzahlen von 18 Millionen. Eine Herkulesaufgabe nicht nur für die Studiotechnik, sondern auch für die Livestreaming-Qualität, die wir mit dem kostenlosen Google-Dienst Hangout on Air natürlich nicht erreichen können.
Warum werden keine großen Shows mit oder ohne Showtreppe nur für Youtube produziert, fragte sich in der Bewegtbild-Stammtisch-Diskussion Adrian Richter. Er bekam vom MMC-Geschäftsführer keine klare Antwort, aber zumindest eine Visitenkarte, die dem Nerdhub-Redakteur vielleicht eine große Karriere als Showtreppen-Entertainer beschert oder vielleicht als Showtreppen-Erbauer. Entscheidend für die TV-Produktionsszene wird es wohl sein, sehr schnell eine Brücke zur Netzszene zu bauen. Das Internet ist kein Verschiebebahnhof für gescheiterte TV-Produktionen – da muss mehr kommen.
Siehe auch: Webvideos, Livstreaming und die Graswurzel-Talkkultur #StreamCamp13 @grimme_akademie @videopunk
Hast Du schon Kontakt zu MediakraftNetworks aufgenommen, Thomas?