Die EU will bekanntlich härter gegen Raucher vorgehen. Die neue Tabakrichtline sieht unter anderem vor, aromatisierte Menthol-Zigaretten zu verbieten. Zudem sollen Warnhinweise künftig 75 Prozent der Packungen bedecken. Für die Markenlogos bleibt dann nur ein Streifen am Rand. Demnächst wird wohl auch noch eine Helmpflicht beim Rauchen in das Regelwerk aufgenommen. Selbstgedrehte dürfen darüber hinaus nur noch mit Leuchtwesten gepafft werden, “damit man beim Rauchen nicht überfahren wird”, wie es Dieter Nuhr herrlich sarkastisch in seinem Jahresrückblick ausführte. Auch Bürgersteige werden zur rauchfreien Zone erklärt, “dann muss man auf die Fahrbahn, damit auch der Letzte begreift, dass Rauchen gefährlich ist”, so Nuhr. So witzig das klingt. Normal ist das nicht. Zeit-Redakteur Ulrich Greiner tituliert diese Kontrollobsessionen als “Diktatur der Fürsorge”. Es geht den EU-Volkserziehern ja nicht mehr um den Schutz von Nichtrauchern. Nein. Das reicht nicht mehr. Wer sich ungesund ernährt oder seinen Körper mit Nikotin ruiniert, schadet der Solidargemeinschaft, die für die Behandlung meines Infarkts aufkommen muss.
“Diese Logik untergräbt jegliche Freiheit. Denn so gesehen ist nichts, was ich tue, ohne Belang für die Allgemeinheit, die daraus folgert, mich kontrollieren zu dürfen”, erklärt Greiner in der aktuellen Zeit-Ausgabe.
Das Ganze ist billiger Populismus, der sich politisch sehr leicht durchsetzen lässt. Denn „nur“ 25 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind Raucher. Warum sollte man deshalb auf die Bedürfnisse von 21 Millionen Menschen Rücksicht nehmen? Die Mehrheit der Nichtraucher ist jederzeit gegen die Minorität der Raucher mobilisierbar.
Ein eindrucksvolles Beispiel lieferte der Anti-Raucher-Volksentscheid im Lederhosen-Freistaat. Wo kommen wir denn hin, wenn Eigentümer von Kneipen, Restaurants oder Bierzelten auf irgendwelche nebensächliche Grundrechte pochen und verfügen würden, Raucherzonen festzulegen oder konspirative Raucherclubs zu gründen, um Nichtrauchern das Leben zur Hölle zu machen?
Sollen aus wirtschaftlichen Gründen etwa Asbesthersteller weiterhin Asbest verbauen dürfen, fragte sich ein „FAZ“-Feuilletonist. Kann man es Spaziergängern zumuten, wenn Hunde öffentliche Gehwege und Parkanlagen vollscheißen? Oder einer meiner Nachbarn mit lauter Musik von Metallica in den Wahnsinn getrieben wird?
Nach der Mehrheit-ist-Mehrheit-Logik müssen schädliche Raucher gemaßregelt werden: fiskalisch und moralisch. Mit dieser bequemen Dialektik kann man ein Viertel der Gesellschaft nach allen Regeln der Kunst schurigeln, kujonieren und schikanieren. Das Hochgefühl, das diesem Tun entspringt, ist umso köstlicher, je mehr es mit dem Bewusstsein des Rechthabens verbunden ist. Das ist der Grund, weshalb die selbst erklärten Moralapostel ständig nach der guten Sache Ausschau halten, in deren Dienst sie treten können – und in deren Dienst sie die anderen treten können. Neben der Verfehlung des Rauchens gibt es eine Vielzahl von weiteren Empörungsspielplätzen: Glücksspiele, Flatrate-Partys, Mülltrennung, Hunde oder Killerspiele. Hier bietet sich eine gigantische Palette von Zurechtweisungs- und Erniedrigungsmöglichkeiten unter dem Horizont polizeilicher Verfolgungsphantasien.
Mit grenzenloser Aggression äußern selbstberufene Gesundheitsapostel immer neue Schreckensmeldungen über die Schädlichkeit des Tabakgenusses und insbesondere des Passivrauchens; keine pragmatische Regelung welcher Art auch immer erschein ihnen gangbar. Sie wollen ein Kulturphänomen total aus der Öffentlichkeit vertilgen und liquidieren, kritisiert der Philosoph Robert Pfaller in seinem Buch „Das schmutzige Heilige und die reine Vernunft“.
Der Tabakrausch werde als etwas Exkrementelles herabgewürdigt. Die Anwesenheit von Nichtrauchern mit einem Raucher im selben Wohnzimmer gleiche dem Schwimmen in einem Pool, in den jemand pinkelt. Dabei sei die Politik der Rauchverbote ein typisches Beispiel einer Pseudopolitik.
„Eine Politik, die ihre entscheidenden Aufgaben verabsäumt, wird, um davon abzulenken, gerne auf einem Nebenschauplatz hyperaktiv“, meint Pfaller.
Mit den inflationären Präventionsmaßnahmen erteilt sich der Staat eine Blankovollmacht für Eingriffe ins Privatleben. Egal, ob es um Datenschutz, Rauchverbote, Ernährung, Energieverbrauch oder Bildung geht. Vielleicht bin ich schon ein Opfer der Social-Media-Sucht und muss daher vor mir selbst beschützt werden. Dann kommt „die Ilse“ und sagt, wie ich das Internet gefälligst zu nutzen habe. Und die Probleme gehen niemals aus, um neue Regeln zu schaffen.
„Die Tendenz, Deutschland (und die EU) in einen Kindergarten zu verwandeln, greift die Fähigkeit des Einzelnen an, Situationen richtig einzuschätzen und sich dementsprechend zu verhalten“, moniert die Schriftstellerin Thea Dorn.
Das fängt bei der Beleuchtung meiner vier Wände an und hört bei Sondersteuern auf, um den Konsum von Schokolade, Eis und süßer Limonade fiskalisch zu bestrafen.
Wenn nun auch Menthol-Zigaretten aus den Regalen verbannt werden, muss ich neben den Glühbirnen jetzt eben auch meine Lieblings-Glimmstengel über Nicht-EU-Länder einführen. Ein kleiner Beitrag zum zivilen Ungehorsam. Denn mein ichsagmal-Leitmotto heißt ja “Repression verdünnen”!
ROFL! Das Bild ist ja zum Piepen!
Es werden immer nur noch weitere Regulierungspflaster zum Abdecken von Symptomen gesetzt als dass an an die eigentlichen Wurzeln der Süchte gegangen wird.
Ich hatte vor zwei Jahren mal formuliert: Überregulierung: An die Stelle einer sozialmoralischen Selbststeuerung tritt die soziale Fremdsteuerung durch Vermehrung von Vorschriften und Gesetzen (Compliance)
Wenn wir es richtig täten, bräuchten wir nur den Kant´schen Imperativ, den man auch so auslegen könnte:
“Lebe nicht auf Kosten Anderer und lass nicht auf Deine Kosten leben.”
Davon sind wir allerdings mittlerweile Lichtjahre entfernt. Und weil wir uns immer weiter überregulieren, müssen wir auch immer härter arbeiten …
Wir Zeit zum Umdenken und Umhandeln …
VG Martin