
Auf der #DigitalX in Köln werden auch wichtige politische Themen debattiert. Siehe den #DigitalXAdhoc-Beitrag:
Die Digitalisierung ist immer noch ein Querschnittsthema, das sich verschiedene Ministerien teilen. Auch deshalb kommt ihr nicht die nötige Beachtung zugute. Sie braucht ihr eigenes Ministerium.
Kann sich noch irgendeiner an den zweiten IT-Gipfel der Bundesregierung in Hannover vor zehn Jahren erinnern? Damals ernannte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik – den Bundes-CIO. Er sitzt als Staatssekretär im Bundesinnenministerium und soll die Professionalisierung der Informations- und Kommunikationstechnologie in der Bundesverwaltung vorantreiben. Der Chief Information Officer leitet die Steuerungsgruppe des Bundes, in der die IT-Beauftragten aller Fachministerien sitzen.
Die elektronische Erreichbarkeit aller öffentlichen Behörden erfordere eine gemeinsame Netzinfrastruktur von Bund, Ländern und Kommunen, hieß es in der Hannoverschen Erklärung, die Merkel zusammen mit der IT-Branche auf dem Gipfel verabschiedete. Man wollte innerhalb von drei Jahren einer der modernsten Verwaltungen in Europa schaffen. Herausgekommen ist reine Placebo-Politik, die nahtlos anknüpfte an das Desaster der eGovernment-Initiative „BundOnline 2005“. An dem IT-Kuddelmuddel des Bundes änderte sich nichts. Das beruht nicht auf der Unfähigkeit der einzelnen Ministerien, die Projekte sinnvoll zu planen und umzusetzen, sondern an der bürokratischen Verwaltung.
Die notwendige Kooperation der Ministerien scheitert an dem Gezerre um Zuständigkeiten und Kompetenzen. Um die Ressorts zu sinnvollen Kooperationen zu bewegen, sind in der Vergangenheit unzählige Kabinettsbeschlüsse erlassen worden, die in den wenigsten Fällen tatsächlich umgesetzt wurden. „Das Projekt ist einzuführen, es sei denn wirtschaftliche, technische oder organisatorische Gründe sprechen dagegen.“ Auf diesem Niveau verläuft auch die Digitalpolitik der Bundesregierung. Mangels zentraler Zuständigkeit und politischem Nachdruck wird die Digitalisierung in den verschiedensten Ministerien nur mit minimaler Sauerstoffzufuhr versorgt. Im Tagesgeschäft blockiert man sich mit Ressort-Eitelkeiten. Das wird sich auch nicht durch Digital-Beauftragte in den Ministerien, Innovations-Evangelisten oder mit der Installation eines Staatsministers ändern. Es geht wieder nur um interne Koordinierung, um Sitzungen, Konferenzen, Gremien und Posten – Laber-Rituale.
Die Relevanz von politischen Themen lässt sich abmessen an den Finanzgrößen im Haushaltsplan der Bundesregierung. Mit Etats wird Politik gemacht. Deshalb brauchen wir ein eigenständiges Digitalministerium. Es ist eine zentrale Kraft vonnöten, um dieses Thema mit den entsprechenden Budgets auszustatten. Man darf sich nicht wieder in verschiedenen Ressorts verlieren. „Es dauert viel zu lange, in allen Ministerien die digitale Kompetenz auf der Arbeitsebene einzuziehen. Wir brauchen ein starkes Digitalministerium, das diese Misere beseitigt und eine eigene politische digitale Identität entwickelt. Die haben wir im Moment nicht. Wir haben auch keine zentrale Stimme in Brüssel zu dieser Thematik“, sagt Professor Tobias Kollmann vom BMWi-Beirat „Junge Digitale Wirtschaft“. Man kann die nötige Sogwirkung mit der Gründung des Umweltministeriums im Jahr 1986 vergleichen.
Auch Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Ökologie sind Querschnittsthemen, die man gerne als Argument gegen das Digitalministerium ins Feld führt. Umwelt reicht von Verkehr, Bauen, Landwirtschaft, Wirtschaft bis Bildung. Als Klaus Töpfer sein Amt als Bundesumweltminister antrat, war das ein klares programmatisches Statement der Bundesregierung für die Relevanz des Umweltschutzes. Auf dem Klimagipfel in Bonn konnte man beobachten, wie richtig diese Entscheidung war. Jetzt ist es an der Zeit, auch die Digitalpolitik gleichberechtigt an den Kabinettstisch zu bekommen.
Man hört, sieht und streamt sich am Dienstag und Mittwoch in Köln. Das Livestudio ist am Colonius. Den kann man ja nicht übersehen 🙂
