Ökonomische Sicherheitspolitik in Zeiten globaler Unsicherheit @FraunhoferIMWL @BMWK @SVR_Wirtschaft

Die gegenwärtige geopolitische Landschaft, gezeichnet von anhaltenden Konflikten und einer Pandemie, hat das Thema der ökonomischen Sicherheitspolitik zunehmend in den Vordergrund gerückt. Dr. Christian Growitsch, Institutsleiter des sozio- und technoökonomischen Instituts der Fraunhofer-Gesellschaft, Fraunhofer IMW in Leipzig und Halle (Saale), erläutert im Sohn@Sohn-Adhoc-Interview die Bedeutung der Versorgungssicherheit und technologischen Souveränität als zentrale Säulen der europäischen Wettbewerbsfähigkeit und Industriepolitik.

„In einer Welt, die von Polykrisen heimgesucht wird, ist die ökonomische Sicherheitspolitik nicht nur eine Frage der nationalen Sicherheit, sondern eine unabdingbare Grundlage für unseren wirtschaftlichen Erfolg“, erklärt Dr. Growitsch.

Die Notwendigkeit einer robusten ökonomischen Sicherheitsstrategie

Die jüngsten Krisen haben deutlich gemacht, dass eine kurzfristige, reaktive Politikgestaltung nicht ausreichend ist, um den vielschichtigen Herausforderungen globaler Lieferketten und geopolitischer Spannungen zu begegnen. Die Sicherung der Rohstoffversorgung, der Schutz kritischer Infrastrukturen und die Stärkung der Resilienz gegenüber wirtschaftlichen Schocks sind essenziell.

„Wir müssen eine Strategie entwickeln, die nicht nur die akuten Probleme adressiert, sondern auch langfristig die Grundlagen unserer wirtschaftlichen Stärke sichert“, so Dr. Growitsch. Dabei spielt die Diversifizierung von Handelspartnern und die Reduktion einseitiger Abhängigkeiten eine Schlüsselrolle. Dies könnte durch eine stärkere Einbindung aufstrebender Volkswirtschaften, insbesondere aus Afrika, erreicht werden.

Technologische Souveränität als Eckpfeiler

Ein weiterer kritischer Aspekt ist die technologische Souveränität. Europa muss in der Lage sein, nicht nur in Bezug auf digitale Technologien, sondern auch in der Produktion kritischer Rohstoffe und Halbleiter autark zu operieren. „Die Errichtung von Produktionsstätten für zentrale Technologien in Europa ist eine Investition in unsere Unabhängigkeit und Sicherheit“, erklärt Dr. Growitsch.

Die Fähigkeit, unabhängige Entscheidungen über die eigenen technologischen Ressourcen zu treffen, ist in einer zunehmend von Technologie dominierten Welt grundlegend. Dies beinhaltet auch den Schutz geistigen Eigentums und die Förderung von Innovationen innerhalb der EU.

Der Zusammenhang zwischen ökonomischer und nationaler Sicherheit

Die Verknüpfung von ökonomischer und nationaler Sicherheit wird zunehmend evident. Die Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit sind ein Beispiel dafür, wie ökonomische Ressourcen zur Stärkung der geopolitischen Positionierung eingesetzt werden können. „Die ökonomische Sicherheitspolitik und die Verteidigungspolitik sind zwei Seiten derselben Medaille. Wir müssen sicherstellen, dass unsere wirtschaftlichen Entscheidungen unsere nationale Sicherheit unterstützen und vice versa“, so Dr. Growitsch.

Die Rolle digitaler Vorreiter in der ökonomischen Sicherheitspolitik

In der Studie „Doppelte Transformation: Nachhaltig + Digital = Zukunftsfähig“ von Mind Digital und dem Smarter Service Institut wird die Relevanz digitaler Innovationen und deren Einfluss auf die Widerstandsfähigkeit von Unternehmen hervorgehoben. Die Untersuchung zeigt, dass digitale Vorreiter in der Wirtschaft besonders resilient gegenüber aktuellen Herausforderungen wie geopolitischen Spannungen und wirtschaftlichen Schwankungen sind.

„Digitale Vorreiter sind weiterhin erfolgreich und zeigen eine beeindruckende Resilienz gegenüber dem Wegfall von Märkten und steigenden Energiepreisen“, so Studienautor Bernhard Steimel. Dies belegt die Bedeutung einer integrativen ökonomischen Sicherheitspolitik, die sowohl technologische als auch nachhaltige Aspekte berücksichtigt.

Strategien der digitalen Vorreiter

Die Studie unterstreicht, dass Unternehmen, die sich frühzeitig auf digitale und nachhaltige Geschäftsmodelle konzentriert haben, besser für die Zukunft gerüstet sind. Ein Schlüsselaspekt hierbei ist die Anpassungsfähigkeit: „Die hohe Agilität und das schnelle Reagieren auf Marktveränderungen sind zentrale Erfolgskriterien“, erläutert Analyst Steimel. Diese Eigenschaften ermöglichen es den Unternehmen, trotz adverser Umstände weiter zu wachsen und ihre Marktanteile zu erweitern.

Ein weiterer Faktor ist die Ausrichtung auf wachstumsstarke Märkte. Die Studie zeigt, dass vier von zehn Unternehmen durch gezielte Digitalisierungs- und Marktanpassungsstrategien ihre Position stärken konnten. Beispielsweise hat ein Lebensmittelhersteller durch Premium-Positionierung und höhere Preiselastizität signifikantes Wachstum erzielt.

Bedeutung für die ökonomische Sicherheitspolitik

Die Erkenntnisse der Studie verdeutlichen die Notwendigkeit, digitale Transformation und Nachhaltigkeit in die ökonomische Sicherheitsstrategie Europas zu integrieren. Die Verbindung von digitaler Vorreiterschaft mit einer robusten ökonomischen Sicherheitspolitik bietet einen wegweisenden Ansatz für die Zukunft. Es ist entscheidend, dass Europa seine Kapazitäten in den Bereichen Digitalisierung und nachhaltige Technologien weiter ausbaut, um die industrielle und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu sichern.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.