Triple Zero – Vom Rohstoff zur Verantwortung: Über den Deutschen Umweltpreis und den Green Monday als Labor der industriellen Transformation

Eine neue Ethik der Industrie

Der Deutsche Umweltpreis 2025 würdigt Menschen, die zeigen, dass industrielle Produktion und ökologisches Bewusstsein keine Gegensätze sind. Lars Baumgürtel und Dr. Birgitt Bendiek stehen für eine neue Generation industrieller Denkerinnen und Denker: Sie begreifen Klimaschutz nicht als Pflichtübung, sondern als Gestaltungsaufgabe. Nachhaltigkeit beginnt für sie nicht an der Werkstorgrenze, sondern dort, wo Produkte ihren zweiten, dritten und vierten Lebenszyklus antreten.

Mit ihrem Unternehmen ZINQ haben sie das Prinzip „Planet ZINQ“ entwickelt – ein industrielles Leitbild, das technische Exzellenz mit ökonomischer Vernunft verbindet. Cradle-to-Cradle-Design, Dekarbonisierung der Lieferkette, digitale Produktpässe und das Rücknahmesystem ReZINQ schaffen einen geschlossenen Kreislauf aus Zink und Stahl. Die Formel dafür lautet „Triple Zero“: Zero Carbon, Zero Waste, Zero Pollution.

Es ist eine Vision, die nicht auf Verzicht zielt, sondern auf technische Präzision und Gestaltungskraft. Baumgürtel bringt es auf den Punkt: „Zirkuläre Geschäftsmodelle machen Unternehmen zukunftsfähig. Wir gestalten keine Innovation, ohne auf Effizienz und Effektivität zu achten.“

Mikro statt Makro – Ingenieurkunst als Nachhaltigkeit

Das Besondere an ZINQs Ansatz liegt in seiner Pragmatik. Der Korrosionsschutz wird nicht mehr durch dicke Schichten garantiert, sondern durch intelligente Materialeinsparung. Mikro-Zinkschichten, nur ein Zehntel so stark wie ein menschliches Haar, erreichen denselben Schutz bei 80 Prozent weniger Materialeinsatz und deutlich geringerem Energieverbrauch.

Diese Technologie zeigt: Nachhaltigkeit ist keine moralische Pose, sondern ein Ausdruck ingenieurtechnischer Vernunft. Oder anders gesagt – ökologische Intelligenz beginnt dort, wo Präzision Ressourcen ersetzt.

Dr. Birgitt Bendiek erweitert diesen Ansatz wissenschaftlich. Sie verbindet Materialwissenschaft, Chemie und Systemdenken zu einem Leitbild, das weit über den Werkstoff hinausweist: Es geht um Rohstoffsouveränität als Voraussetzung wirtschaftlicher Stabilität. Europa, so ihre Überzeugung, muss lernen, den Stoffkreislauf zu verstehen, bevor er reißt. Nicht Abschottung, sondern Wissen, Innovation und Rückkopplung zwischen Industrie und Natur sichern die Zukunft.

Vom Werkstoff zur Wertschöpfungskultur

Was ZINQ praktiziert, ist mehr als ein Produktionsverfahren – es ist eine neue Wertschöpfungskultur. Hier wird Nachhaltigkeit nicht „implementiert“, sondern gelebt. Der Dreiklang aus Qualität, Innovation und Verantwortung ersetzt das alte Wachstumsdogma.

Baumgürtel und Bendiek stehen damit für eine Industrie, die gelernt hat, dass Zukunftsfähigkeit nicht durch Subventionen entsteht, sondern durch Selbstverantwortung. Der Umweltpreis, den sie erhalten haben, würdigt genau diese Haltung: Wirtschaft als Partnerin der Natur, nicht als Gegenspielerin.

Green Monday – Das Labor der Transformation

Diese Haltung wurde früh sichtbar beim Green Monday, einer Initiative des Smarter-Service-Instituts, die zu einem der wichtigsten Innovationslabore für nachhaltige Industriepolitik geworden ist.

Hier treffen sich Pioniere aus Wirtschaft, Wissenschaft und Finanzwelt, um zu zeigen, dass Transformation in Netzwerken geschieht – nicht in Einzelprojekten. Neben ZINQ und Baumgürtel diskutierten beim Green Monday im Bochum Protagonisten des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE), die GLS Bank, das Wuppertal Institut und die Circular Valley Stiftung über Wege, Kreislaufwirtschaft endlich zur Chefsache zu machen.

Anja Siegesmund (BDE) brachte ein Sofortprogramm mit, das Rezyklate in der öffentlichen Beschaffung verankern soll.
Aysel Osmanoglu (GLS Bank) sprach über die Rolle nachhaltiger Finanzierungen als Hebel für Rohstoffsouveränität.
Henning Wilts (Wuppertal Institut) forderte, die Kreislaufwirtschaft „ins Kanzleramt, nicht in die Restmülltonne“ zu verlagern.

So erweist sich der Green Monday als Community, die ökologische Verantwortung in wirtschaftliche Sprache übersetzt. Hier geht es nicht um Symbolpolitik, sondern um strukturelle Intelligenz – darum, wie sich Produktionsprozesse, Lieferketten und Kapitalströme neu verschalten lassen.

Vom Preis zur Prägung

Der Deutsche Umweltpreis ehrt Leistungen, der Green Monday fördert neue unternehmerische Initiativen. Was Baumgürtel und Bendiek zeigen, wird dort weitergedacht: In der Verbindung von Industrie, Wissenschaft, Politik und Gesselschaft entsteht ein neues Wirtschaftsverständnis: Kreislaufwirtschaft nicht als Randdisziplin, sondern als Betriebssystem der Moderne.

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