
Beim Livestreaming ist es nach Ansicht von Dirk von Gehlen wichtig, an die Lektion zu erinnern, die der Wissenschaftler Robert Kelly vor drei Jahren der Welt zeigte: „Authentizität schlägt Inszenierung. Der Experte für koreanische Politik war live in eine Fernsehübertragung aus seinem Schlafzimmer geschaltet, als plötzlich seine Kinder im Hintergrund den Raum betraten. Die Szene wurde zu einem weltbekannten Internet-Meme.“
Das ist eine gute Lektion. Und bei der Interaktion ist es wie in einer Kneipe. Entweder man ist offen für Unterhaltungen oder eben nicht. Wer nur seine Botschaften loswerden will, bekommt keine Rückmeldungen. Es ist super schwer, Fans zu gewinnen. „Es ist kein technisches Problem, das zu lösen ist, sondern ein Loyalitätsproblem. Man muss nur einen Nachmittag auf Twitch mit Leuten wie Dr. Dispect, Tim The Tatman, Nadeshot und all den anderen Online-Gamern verbringen, um zu sehen, dass es mehr als möglich ist, eine Rückkopplungsschleife vom Publikum zu erhalten. Da ist Stimmung im Chat! Aber das Publikum muss erstmal da sein. Und so eine Community aufzubauen und zu halten braucht Zeit. Sehr viel Zeit“, sagt der Performance-Künstler Marcus John Henry Brown im Interview mit von Gehlen.
Dennoch waren die Voraussetzungen dafür nie besser: „Die Pandemie hat eine Entwicklung beschleunigt, die sonst womöglich erst in einigen Jahren spürbar geworden wäre. Die Grenzen zwischen analoger und virtueller Realität werden verschwimmen, digitale Zusammenkünfte werden zunehmend normal werden“, heißt es im Social Media Watchblog. Eigentlich erstaunlich, dass sich so eine Erkenntnis erst 2020 durchsetzt.
Auszug meiner Netzgedanken für das prmagazin.