Der Weihnachtsabend, an dem die Zeit kurz lächelte: Sohn@Sohn wünschen Euch frohe Weihnachten – Man hört, sieht und streamt sich demnächst wieder in alter Frische

Am Nachmittag des 24. Dezember machen wir das, was wir jedes Jahr machen: Wir nehmen uns vor, es diesmal ganz entspannt zu halten. Keine Hektik. Keine Perfektion. Keine dramatischen Rettungsaktionen für Geschenkpapier, das sich weigert, an Ecken zu glauben.

Zehn Minuten später stehen wir in der Küche und diskutieren, ob man „ein bisschen Zimt“ präzise messen kann. Constantin behauptet, Zimt müsse „nach Erinnerung“ schmecken. Gunnar hält dagegen: Erinnerung sei keine Maßeinheit. Wir einigen uns auf einen Kompromiss, der in jeder guten Familie gilt: Wir kippen Zimt rein, bis jemand lacht.

Der Baum steht im Wohnzimmer wie ein stiller Dirigent. Jedes Jahr wirkt er, als hätte er seine eigene Meinung zur Statik. Die Lichterkette entscheidet sich ausgerechnet heute für ein Flackern, das zwischen „romantisch“ und „Kurzschluss“ pendelt. Wir reden ihr gut zu. Wir reden auch dem Baum gut zu. Und uns.

Als es draußen dunkel wird, klingelt es zum ersten Mal. Der Nachbar von gegenüber steht da, fest entschlossen, „nur kurz“ etwas abzugeben. Er hat eine Tupperdose in der Hand, die nach Plätzchen duftet und nach einer Zeit, in der man noch ohne Kalender spontan sein durfte. „Hab zu viele“, sagt er. Wir nehmen sie an, als wäre es ein Orden.

Zehn Minuten später klingelt es wieder. Diesmal ist es eine Freundin, die eigentlich längst bei ihrer Familie sein wollte, aber „noch schnell“ vorbeikommt. In der Hand: eine Flasche, die so aussieht, als könne sie Streit schlichten. „Ich bleib nicht lange“, sagt sie. Niemand, der das sagt, bleibt kurz. Das ist eine Weihnachtsregel wie Gravitation.

Wir stellen alles auf den Tisch: Plätzchen, Nüsse, Mandarinen, Dinge, die knistern, wenn man sie anfasst. Das Wohnzimmer bekommt diese besondere Akustik: Stimmen, die sich überschneiden, Lachen, das sich wiederholt, und dazwischen die Stille, die nicht peinlich ist, sondern weich.

Irgendwann sitzen wir da und merken, wie die Zeit die Schultern sinken lässt. Nicht die Uhrzeit – die Zeit. Der ganze Druck aus Dezemberlisten und Jahresendlogik rutscht für einen Moment vom Stuhl. Jemand erzählt eine Geschichte aus Kindertagen, die so absurd ist, dass sie nur wahr sein kann. Jemand anders versucht, ein Geschenk aufzureißen, ohne das Papier zu zerstören, und scheitert mit einer Würde, die es nur an Weihnachten gibt.

Dann passiert das Unmögliche: Der Baum steht plötzlich gerade. Nicht wirklich. Aber so, dass es sich so anfühlt. Als hätte er sich entschieden, heute freundlich zu sein.

Später – irgendwann zwischen Kerzenwachs und „Ach, noch einen Tee“ – gehen die Gespräche langsamer. Man hört das Knistern der Heizung. Man sieht, wie die Lichterkette nicht mehr flackert, sondern ruhig glüht, als hätte sie verstanden, worum es geht.

Und wir verstehen es auch wieder: Weihnachten ist nicht die Deko. Es ist nicht der perfekte Braten. Es ist nicht die makellose Harmonie, die man sich vorstellt, wenn man im November zu optimistisch war. Weihnachten ist dieser Moment, in dem Menschen einander Raum geben – für Lachen, für kleine Pannen, für Nähe, die nicht erklärt werden muss.

Als die letzten Jacken angezogen werden und die Tür sich schließt, bleiben wir noch kurz stehen. Wir schauen auf den Tisch, auf das Chaos, das nach Glück aussieht, und auf den Baum, der jetzt wieder leicht schief ist – wie zur Erinnerung daran, dass Perfektion nie der Plan war.

Wir machen das Licht nicht sofort aus. Wir lassen den Abend noch ein paar Minuten nachklingen. Damit die Nacht nicht so tut, als hätte sie gewonnen.

Wenn ihr dieses Weihnachten nur eine Sache „hinbekommt“, dann diese: Lasst Platz für das Ungeplante. Haltet euch nicht an Perfektion fest, sondern aneinander. Und wenn irgendwas schief hängt – Stern, Baum oder Tag – dann ist das kein Fehler. Das ist das Zeichen, dass ihr wirklich da wart.

Frohe Weihnachten –
Constantin Sohn & Gunnar Sohn (Sohn@Sohn)

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.