Sprachmüllverbrennung Bonn-Luke 7

Manchmal, morgens, wenn man wieder eine dieser Pressemitteilungen liest – diese kommunikativen Müllsäcke aus der globalisierten Kommunikationshölle –, möchte man sich einen Blaumann überziehen, zur Müllverbrennungsanlage Bonn-Luke 7 laufen und einfach alles reinschmeißen. Den ganzen Content. Das ganze „intelligente Content Management“. Phwooom, schöne blau-grüne Flamme, klimaneutral, versteht sich, wie in der pharisäerhaften Wärmeplanung irgendeines überforderten Kommunalbeamten, der Heizwert und Wirkungsgrad für Synonyme hält und stolz die „kommunale Energiewende“ ruft, während der Pressetext noch qualmt.

„Ein weltweit führender Anbieter von IT-Dienstleistungen, Beratung und Geschäftslösungen“ – allein schon dieser Satz! Jedes Mal, wenn einer sowas schreibt, fällt irgendwo ein Stück Sprache tot um.
Und dann noch: „eine führende Plattform für intelligentes Content Management“.
Führend, führend, führend – wohin eigentlich? In den Abgrund der semantischen Entsorgung.

Man spürt es körperlich, dieses Streben nach Vollautomatisierung des Sinns. Kombination von Größe und Branchenexpertise – das ist nicht Sprache, das ist eine Industrieemission, ein kondensierter Textpartikel, wie Stickoxide der PR.
„Gemeinsam integrierte End-to-End-Lösungen anbieten, um Inhalte und KI zusammenzuführen“ – End to End, ja klar. Bis zum Ende des Denkens.

Früher, als man noch Wörter benutzte, um etwas zu sagen, wäre man vielleicht auf die Idee gekommen, einfach zu schreiben:

Wir wollen zusammenarbeiten, weil wir Geld verdienen wollen.

Aber nein. Heute wird jeder banale B2B-Geschäftskontakt in eine Epiphanie der Innovationsbeschleunigung verwandelt. Beschleunigen, transformieren, optimieren – das klingt nach oller Müllverbrennung und einem stinkenden Schacht im „Betriebsmodus Synergie“. Und wehe, du fragst nach dem Wirkungsgrad.

Ich lese das alles und höre, wie irgendwo in der Ferne jemand Support ruft, wie im Abteil der Deutschen Bahn, wenn das WLAN wieder „nicht verfügbar“ ist.
Und ich denke: Diese Sätze sind nicht geschrieben, sie sind abgesondert.

Wie industrielle Nebenprodukte.
Wie die Restwärme, die man in Bonn dann grün färbt und „nachhaltig“ nennt.

Man müsste, eigentlich, eine Sprachmüllverbrennungspflicht einführen.
Pressemitteilung rein, Asche raus.
CO₂-Zertifikat drauf, fertig.

Oder wenigstens eine kommunale Sammelstelle für abgenutzte Phrasen:
„Wertvolle Erkenntnisse“, „digitale Transformation“, „branchenorientierte Services“.
Alles fein getrennt: Gelbe Tonne für Buzzwords, Blaue für Vision Statements, Restmüll für „Disruption“.

Aber nein, man macht weiter.
Man recycelt weiter.
Immer wieder dieselben Wörter, bis sie durchscheinen wie dünnes Altpapier.

Und irgendwann – vielleicht in Bonn, vielleicht an Luke 7 – wird dann doch einer den Hebel umlegen,
und der ganze Content brennt.
Sauber.
Effizient.
Mit Wärmeplan.

Ende der Durchsage.
Oder, wie es in der Pressemitteilung heißt: „Gemeinsam gestalten wir die Zukunft der sprachlichen Wertschöpfungskette.“

5 Gedanken zu “Sprachmüllverbrennung Bonn-Luke 7

  1. Pingback: 🗞 #DailyBriefBonn #015 – Dienstag, 21. Oktober 2025: Zwischen Forschung, Fairplay und frostiger Fürsorge - ichsagmal.com

  2. gsohn

    Das ist wohl so. Wir hatten das ja in der CIO-Kurator-Zeit so oft thematisiert. Und dennoch wird einem das jeden Tag weiter an den Kopf geballert.

  3. Pingback: Zwischen „führenden Anbietern“ und „Problemen im Stadtbild“ – Sprache bleibt wichtig #Wochenschau – StefanPfeiffer.Blog

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