Wikileaks, die Doppelzüngigkeit der Regierenden und der Gipfel-Provinzialismus

„Die Publikationen von Wikileaks entsprechen dem Grundsatz der Hackerethik nach freier Verfügbarkeit von staatlichen Informationen als Basis einer demokratischen Gesellschaft“, stellte der Chaos Computer Club heute klar. Und treffend bemerkt der CCC:

„Anders als Menschen haben staatliche Stellen gerade keine Privatsphäre, die es zu schützen gilt, sondern lediglich Geheimnisse. Grundsätzlich betrachtet der CCC einen Anspruch des Bürgers auf die ihn betreffenden Informationen und die Transparenz der in seinem Namen erfolgenden staatlichen Aktivitäten als begründet. Die Doppelzüngigkeit der Regierenden wird nicht nur in den veröffentlichten Depeschen deutlich, sondern auch in ihrer Haltung zur Informationsfreiheit“. Auch wenn der Staat sich aufschwingt, das Kindermädchen für unsere Datenschutzbelange zu spielen, geht es doch meistens um Eingriffe in die Freiheit des Netzes, es geht um eine Instrumentalisierung des Datenschutzes für eine Ausweitung reglementierender Eingriffe. Ob Staatsvertreter als Hüter der Privatsphäre taugen, darf bezweifelt werden. Dieser IT-Gipfel ist also kein Beispiel für Internetkompetenz, sondern für einen bürokratischen Eiertanz der politischen Netz-Dilettanten. Da fällt mir eher Goethe ein: Über allen Gipfeln Ist Ruh, In allen Wipfeln Spürest du. Kaum einen Hauch.

Richtig sagt es der CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn, dass die westlichen Regierungen immer nur dann für Informationsfreiheit eintreten, wenn es andere Länder betrifft. „Sobald es jedoch um mehr als nur Lippenbekenntnisse geht, sobald Daten publiziert werden, die ihre eigenen Heimlichkeiten und Hinterzimmerdeals betreffen, handeln sie offenbar genauso undemokratisch, wie die Staaten, die sie sonst öffentlich lauthals verurteilen.“

Einen Lichtblick sieht der CCC bei einigen deutschen Internet-Providern, die ihren Kunden keine Steine in den Weg legen, wenn sie eine Kopie der Wikileaks-Daten bereitstellen wollen. Denn Internet-Provider sollen und dürfen, genau wie die Post, Angebot und Transport beliebiger Inhalte nicht verhindern. Der CCC ruft dazu auf, diese Freiheit zu nutzen und fordert gleichzeitig die deutschen und europäischen Internet-Anbieter auf, sich nicht von ungesetzlichen Drohungen einschüchtern zu lassen. „Auch die unrechtmäßige Beschränkung von Zahlungswegen wie Paypal, Visa oder Mastercard, die für den Betrieb von freien Informationsdiensten nötig sind, ist nicht hinnehmbar. Sie sind ein deutlicher Hinweis darauf, daß die US-amerikanische Monopolstellung für Online-Zahlungsmethoden als offensives Mittel der Zensur eingesetzt wird“.

Und wenn die strafrechtliche Posse gegen Julian Assange nicht aufhört, muss für seine Freilassung gekämpft werden.

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