Welche demokratietheoretischen Muster sind für Unternehmen geeignet? Live-Talk am Freitag

Auf Facebook hat Thomas Michl einen sehr interessanten Kommentar über die Unternehmensdemokraten geschrieben und einen stärkeren demokratietheoretischen Diskurs eingefordert:

„Auffällig ist für mich, dass sich die Diskussion auf konkordanzdemokratische Muster reduziert. Konsensdemokratische Muster spielen in der Debatte keinerlei Rolle. Ganz zu Schweigen von deliberativen Ansätzen. Für die politikwissenschaftliche Demokratietheorie ist darüberhinaus der Minderheitenschutz und die horizontale, wie auch vertikale Gewaltenteilung wesentlicher Teil der Demokratiedefinition. Und damit auch Teil meines Begriffsverständnisses.“

Letztlich gehe es bei der Demokratietheorie immer auch die Frage, wie Machtmissbrauch reduziert werden kann. Ich halte das für die alles entscheidende Frage.

„Alles Dinge, die in der Diskussion häufig keinerlei Rolle spielen. Schaue ich mir die Diskussion an, werden Dinge in Gegensatz gesetzt, die nicht gegensätzlich sind. Ein Netzwerk ist nicht per se demokratisch. Eine Hierarchie nicht per se autokratisch. Ganz im Gegenteil. Netzwerke können auch autokratisch sein“, so Michl.

Auch Unternehmen sind soziale System mit „Herrschaftsbeziehungen“.

„Herrschaftsbeziehungen die legitimiert werden müssen. Und um genau diese Diskussion geht es im Kern. Das setzt für mich allerdings voraus, sich von der Idee der neoklassischen Ökonomie des Homo Oecnomicus zu verabschieden und anzuerkennen, dass auch ein Unternehmen nichts anderes ist als ein komplexes System, in dem – folgt mensch der Grundidee des Mülleimermodells nach March/Olsen/Cyert u. ä., Entscheidungen unter extrem hoher Unsicherheit getroffen werden und der Faktor Zufall eine extrem große Rolle spielt. In Folge klammern sich die ‚Institutionen‘ des Systems Unternehmen am historischen Entwicklungspfad fest, von dem sie nur graduell abweichen (historische Pfadabhängigkeit)“, schreibt Michl.

Ein solches System könne nur funktionieren, wenn es nicht eine einzelne Macht- und Schaltzentrale gibt, die alles diktiert, sondern über Entscheidungs- und Steuerungssysteme verfügt, die in der Lage sind, die vollständige Komplexität abzubilden.

„Darüber komme ich dann wieder auf den Punkt, dass ich eine Vielzahl an Individuen im System brauche, die auf einer wertschätzenden Basis kooperieren, womit ich dann wieder beim Thema ‚Demokratie‘ wäre, denn ein anderes Modell ist mir nicht bekannt, dass es schafft, unterschiedliche Meinungen unter einen Hut zu bekommen“, resümiert Michl.

Meine 50 Cents zum Thema:

Um das Machtsystem der Deutschland AG aufzubrechen, bedarf es eines Sammelsuriums an Aktionen, Maßnahmen und Gesetzesänderungen. Es kommt im Sinne des Philosophen Karl Popper darauf an, Institutionen so zu organisieren, dass es schlechten oder inkompetenten Herrschern unmöglich ist, allzu großen Schaden anzurichten. Das gilt für Demokratien, für Unternehmen und für sonstige Organisationen.

Hier ein paar Punkte für die Debatte.

  • Öffnung für Musterbrecher, Nein-Sager, Advocati Diaboli.
  • Konfrontation mit Akteuren mit erkennbar anderer Handlungslogik.

  • Neue Spielregeln und das Auswechseln der Spieler.

  • „Dritte Orte“ schaffen wie exterritoriale Co-Working-Spaces, Ko-Lokationen als Arbeits-, Lern- & Koordinationsorte.

  • Nominierungsausschuss für Vorstandsposten sollte nicht mehr vom Aufsichtsrat gebildet, sondern von der Hauptversammlung bestimmt werden.

  • Corporate Governance, die ein strengeres Regelwerk erstellt und Fehlverhalten sanktioniert.

  • Wer an der Bestellung des Aufsichtsrates und über diesen Weg an der Corporate Governance mitwirkt, sollte einer Haltefrist unterworfen werden. Wer das nicht tut, darf in der Hauptversammlung kein Stimmrecht haben.

  • Verbesserung der Transparenz bei den Beteiligungsverhältnissen und Offenlegung von Überschneidungen zwischen Top-Management und institutionellen Anlegern.

  • Kritischer Wirtschaftsjournalismus als Kompass für gutes Unternehmertum und gutes Management.

  • ManagerWatch-Plattform, um Fehlverhalten und Korruption öffentlich zu machen.

  • Digitale APO, um den zivilgesellschaftlichen Druck auf Unternehmen zu erhöhen.

  • Meinungsfreiheit im Unternehmen – Änderung des Grundgesetzes.

Mit Thomas Michl, Andreas Zeuch und Heiko Nowak gibt es zu diesem Themenkomplex am Freitag, um 20:30 Uhr eine Live-Diskussion auf Facebook.

Webplayer wird auch hier zu sehen sein. Er springt an, wenn der Livestream startet.

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