Was die Netzökonomie so antreibt

Wirtschaft, die im Internet stattfindet, kann kaum mehr sinnvoll abgegrenzt werden von solcher, die nicht im Internet stattfindet, so das Credo des Internet-Experten Christoph Kappes.

Stichworte wie industrielles Internet, Industrie 4.0, Smart Cities und die Aktivitäten der Silicon Valley-Giganten betreffen mittlerweile jedes Unternehmen, ob klein oder groß, ob produzierendes Gewerbe oder Dienstleistungen.

„Da schaut man zuerst auf Arbeiten der Wirtschaftswissenschaften, um Orientierungshilfe zu bekommen, wie die Welt der digitalen Transformation für das Management begreifbar und besser handelbar wird und wie ein Unternehmen in der digitalen Ökonomie bestehen kann“, schreibt Arno Rolf, Professor für Informatiksysteme in Organisationen und Gesellschaft, in einem FAZ-Gastbeitrag.

Das Objekt der Betriebswirtschaftslehre sei nicht mehr allein die einzelne Unternehmung.

„Der Fokus ist auch auf ihre Einbindung in Netzwerke gerichtet. In Netzwerkorganisationen haben einzelne Unternehmen keine scharf umrissenen Grenzen mehr“, so der Uni-Professor aus Hamburg.

Ein Rückzug auf die „Kernkompetenzen“ eines Unternehmens funktioniert nicht mehr. Da vieles nicht mehr selbst entwickelt und hergestellt, sondern an Spezialisten im Netzwerk ausgelagert werde, hat das Management vor allem die Aufgabe, die richtigen externen Netzwerkpartner zu finden, zu koordinieren und bei der Stange zu halten.

Erfolgreich seien jene Organisationen, die neue Netze knüpfen, Projekte wechseln, neuen Knoten im Netz Bedeutung geben und nationale Grenzen überschreiten.

„Die fehlende Vernetzung eines Akteurs kann schnell zum Ausschluss führen. Tradierte Hierarchien werden nicht überflüssig, sie sind aber unsichtbarer geworden“, so Rolf.

Begrenzungen fallen über weltweit verteilte Rechner weg:

„Die Nutzer – Unternehmen, private Nutzer, Verbraucher, Lieferanten, Regionen oder staatliche Behörden – werden zu Knoten im Netz und arbeiten über das Internet zusammen. Die Netze haben offene Strukturen, können grenzenlos expandieren, neue Knoten einbeziehen und überflüssige rasch abschalten.“

Was in der Forschung noch schwach ausgebildet sei, ist die ungeheure Dynamik der digitalen Transformation mit ihren ständig neu aufkommenden Trends in der Informationstechnik und der Angriffslust der Internetkonzerne aus dem Silicon Valley. Sie seien es in erster Linie, die die Umwelt volatil und komplex machen.

„Für diese Entwicklung hat weder die Business-Ecosystems-Forschung noch die Betriebswirtschaftslehre bislang befriedigende Antworten. Dafür braucht es ganz neue Konzepte und Methoden, und neue Metaphern müssen her, weil beispielsweise aus den klassischen linearen Strukturen wie Supply Chains oder Value Chains (Wertschöpfungsketten) dynamische Value Networks (Wertschöpfungsnetze) werden (Zhang, Jianliang/Fan Yushun: Current State and Research Trends on Business Ecosystem)“, erläutert der Informatiker.

Inwiefern ändert also die Digitalisierung die Ökonomie im Ganzen? Welche Effekte hat beispielsweise Crowdfunding auf Banken und auf das Verhältnis von Unternehmer und Kunden, entsteht eine neue Graswurzelbewegung für Manufakturen, was bewirkt die Repair-Bewegung im Umweltschutz, was bleibt vom stationären Einzelhandel übrig und wie sehen unsere Innenstädte in Zukunft aus?

Was bewirken digitale Kopien und die unendliche Verfügbarkeit von virtualisierten Gütern und Dienstleistungen oder das Phänomen Streaming als Erscheinung ohne Substrat (Kappes-Formulierung)? Welche Relevanz bekommt die von Wolf Lotter in seinem Buch “Zivilkapitalismus” beschriebene Zugangsökonomie – also Zugang zu Wissen, Technologie, nützlichen Ideen, die zu einer neuen Unabhängigkeit führen?

Wo und wie entstehen neue Märkte durch die Verkürzung von Wertschöpfungsketten, den Wegfall von Vermittlern und das Entstehen neuer Vermittler?

Wie verändert die Kultur der Beteiligung und des Teilens die Unternehmensorganisationen? Das sind nur einige Aspekte, mit denen ich mich in den nächsten Jahren beschäftigen möchte.

8 Gedanken zu “Was die Netzökonomie so antreibt

  1. oliverfaulhaber

    Hi Gunnar,

    leider habe ich keine Möglichkeit gefunden, Dir eine Mail zu schreiben, daher dieser Weg.

    Nach Deinen Blogeinträgen denke ich, auch mein Blog zum Thema Spekulationsblasen könnte Dich interessieren. Schau‘ doch mal rein und lass mich wissen, was Du davon hälst.

    Viele Grüße
    Oliver

  2. Ein Beispiel für guten Kundenservice: http://www.thomann.de. Musikalienfachhandel mit Online-Versand. Ultra schnelle Lieferung: Montags um 0 Urh bestellt, Mittwochs um 9 lag das Paket vor der Tür.

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  3. Es gibt eine Hieroglyphe Viehhirte.Die“ Welt-Wirtschaft“als Gasthaus ist auf der Ebene materialisierend unberechenbar,sozusagen das kleine h als Plancksches Wirkungs-
    quantum.Da Untugenden auf weitere Untugenden angewiesen sind,meine ich dass Kunst ein guter Ratgeber ist.
    Liebe Grüße Claudia Claus

  4. Die Blog-Idee gefällt mir. Und ich finde das dem Blog ein paar weniger Themen gut tun würden. Das wäre dann fokusierter.
    Viel Spass noch.

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