Genmais-Anbau gestoppt – Ist die Mutationszüchtung besser?

Nach einem Bericht von Spiegel-Online darf Genmais in Deutschland nicht mehr angepflanzt werden. Das dürfte die Gegner der Gentechnik in Begeisterungsstürme versetzen. Den Tenor der Gentechnik-Kritiker hat Babykost-Unternehmer Claus Hipp vorgegeben: „Es gibt viele Gründe: Die Folgen sind nicht abzuschätzen, konventionelle Pflanzen können beeinflusst werden. Wir brauchen gentechnisch veränderte Produkte nicht, um große Mengen herzustellen…. Außerdem ist es historisch gesehen völlig absurd: In den vergangenen 150 Jahren hat der Mensch dramatische Veränderungen im Boden verursacht, die den Pflanzen Probleme bereiten. Doch statt den Boden in den natürlichen Zustand zurückzuversetzen, verändert man nun die Pflanzen, damit sie mit den Veränderungen im Boden zurechtkommen. Das ist doch der völlig falsche Weg.“ Was der gute Mann verschweigt: Alleine in den letzten 50 Jahren kamen rund drei Milliarden Menschen zur Erdbevölkerung hinzu. Die „grüne Revolution“ der 1960er-Jahre mit ihren neuen Pflanzensorten, intensiven Anbaumethoden und gewaltigen Ertragssteigerungen verhinderte, dass viele davon verhungerten. Der Vater der grünen Revolution, der Agrar-Spezialist Normann Borlaug, erhielt dafür den Friedens-Nobelpreis. Mit den von Hipp favorisierten landwirtschaftlichen Methoden wären bereits in den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts hunderte von Millionen Menschen verhungert.

Lesenswertes Buch, vor allem das Kapitel "Gentechnik: Was Kritiker und Befürworter verschweigen", S. 274 ff.
Der Lebensmittelchemiker Udo Pollmer plädiert deshalb für eine nüchterne Betrachtung der Gentechnik. Er gibt zu bedenken, dass für die Züchtung der „natürlichen Pflanzensorten“, die von den Biobauern eingesetzt werden, durch Strahlung oder Chemikalien das Erbgut massiv verändert wird. Und sogar stärker als es bei präzisen gentechnischen Eingriffen der Fall ist. Und er weist darauf hin, dass das gefürchtete „Bt-Toxin“, mit dem sich gentechnisch veränderter Mais gegen Schädlinge wehrt, im Bio-Landbau direkt auf die Pflanzen aufgebracht wird. „Niemand will wissen, wie vor der Gentechnik gezüchtet wurde. Etwa die Mutationszüchtung: Da wurde ein Sack Getreide ins Atomkraftwerk gefahren und bestrahlt, damit Missbildungen entstanden. Davon waren vielleicht zwei Pflanzen zu gebrauchen. Sie wurden dann in normale Sorten eingezüchtet. Das waren künstliche Gene aus der Atomwirtschaft. So wurden alle Nutzpflanzen verändert. Ohne Gentechnik kehrt die Mutationszüchtung zurück. Sie ist zwar aufwändiger für die Saatindustrie – aber weil es keinerlei rechtlichen Rahmen gibt, muss man keine Experimente mit Ratten durchführen und hunderte von Ordnern anlegen, damit hinterher ein Beamter seinen Stempel anbringt. Die Atomwirtschaft hat sich bei den Kritikern bedankt für ihren Widerstand gegen die Gentechnik. Auch normale Kreuzungen können gefährlich sein. Es muss für alle Züchtungsmethoden vergleichbare Maßstäbe geben – nicht nur für die Gentechnik“, so Pollmer.

Es geht bei der ganzen Debatte wohl eher um die gefühlte Gefährlichkeit, die „Angst der Verbraucher“, um Glaubensbekenntnisse und Halbwahrheiten mit abgelaufenen Haltbarkeitsdatum. Wie heißt es so schön auf der Homepage von Herrn Hipp: „Wenn es um die Gesundheit unserer Kleinsten geht, sehen wir keinen Platz für Kompromisse. Dafür stehe ich mit meinem Namen.“