#Notizzettel #Dateninstitut für Deutschland – Livetalk um 14 Uhr mit @schuellerstats

Kommission Zukunft Statistik (KomZS) zur „Beratung einer Programmplanung der amtlichen Statistik“

Statistische Fakten sind die Basis für demokratische, faktenbasierte Entscheidungsprozesse. Qualitativ hochwertige Statistiken sind nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Bewältigung von Krisen und ihrer Auswirkungen auf alle gesellschaftlichen Lebensbereiche wichtiger denn je zuvor. Zudem werden Umwelt, Globalisierung, Digitalisierung und Generationengerechtigkeit einige der beherrschenden Themen im nächsten Jahrzehnt sein, welchen Deutschland und die Europäische Union proaktiv begegnen müssen. Die amtliche Statistik muss sich frühzeitig mit den Datenbedarfen beschäftigen, die es in Zukunft aufgrund der beschriebenen Entwicklungen geben wird.

Vor diesem Hintergrund hat das Statistische Bundesamt eine Kommission Zukunft Statistik eingesetzt und mit einem Beratungsauftrag ausgestattet. Das Gremium mit Fachwissen in verschiedenen wissen- schaftlichen Disziplinen sowie statistischen Methoden soll einen Vorschlag für eine vorausschauende Programmplanung erarbeiten und ein Zielbild der amtlichen Statistik für das Jahr 2030 entwerfen. Hierbei sind mittelfristige Anforderungen an Informationen und Dienstleistungen der Statistik ebenso zu berücksichtigen wie die Fähigkeit, schnell auf Krisen und neue Datenbedarfe reagieren zu können.

Mit der Leitung der Kommission Zukunft Statistik ist Walter Radermacher, ehemaliger Präsident des Statistischen Bundesamtes und Generaldirektor von Eurostat a.D., betraut. Die Arbeit des Gremiums ist auf 18 Monate begrenzt und soll mit Vorlage eines Abschlussberichts an das Statistische Bundesamt im Frühjahr 2024 enden. Neben den festen Mitgliedern nehmen zudem Vertretungen des Statistischen Bundesamtes sowie der Statistischen Ämter der Länder als Gäste an der Kommission Zukunft Statistik teil.

Aus dem Positionspapier. Ein Dateninstitut für Deutschland

Das deutsche Datenökosystem ist in vielerlei Hinsicht ausbaubedürftig. So hat nicht zuletzt die Corona- Pandemie die Defizite bei der Verfügbarkeit von qualitätsgesicherten Daten offensichtlich gemacht. Dies betrifft viele Bereiche. In Politik und Verwaltung würde eine bessere Datenbasis die Möglichkeiten evidenzbasierter Maßnahmengestaltung zum Nutzen der Gesellschaft deutlich steigern. Auch beim Datenzugang und der Datenverfügbarkeit für Forschung und Unternehmen, insbesondere Start-ups sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU), sind in Deutschland erhebliche Defizite offensichtlich. So haben die Krisen der letzten Jahre deutlich gezeigt, dass es beispielsweise bei Gesundheit oder Bildung Lücken im Datenangebot und in der Dateninfrastruktur gibt. Besonders problematisch ist, dass selbst prinzipiell verfügbare Daten nicht genutzt werden können, weil die technischen und rechtlichen Voraussetzungen für datenschutzkonformen Datenzugang und Datenverknüpfungen nicht geschaffen wurden.

Die Europäische Union hat die Bedeutung der Datenverfügbarkeit erkannt und die Verordnung über europäische Daten-Governance1 verabschiedet, die am 23. Juni 2022 in Kraft getreten ist. Diese Verordnung befasst sich mit der Weiterverwendung insbesondere von geschützten Daten (“closed data”) im öffentlichen Besitz, den Anforderungen an Datenvermittlungsdienste, der Förderung von Datenaltruismus, der Einrichtung eines europäischen Dateninnovationsrats und dem internationalen Zugang und der internationalen Übertragung von Daten. Diese Verordnung muss von den Mitglied- staaten binnen 15 Monaten nach Inkrafttreten umgesetzt werden.

Positionspapier. Ein Dateninstitut für Deutschland

Die deutsche Politik habe die Potenziale und die bestehenden Defizite erkannt, was sich in den Prioritäten des Koalitionsvertrags der aktuellen Regierungskoalition widerspiegelt; Dateninfrastrukturen sollen aufgebaut und Instrumente wie Datentreuhänder, Datendrehscheiben und Datenspenden genutzt werden.

Ein Dateninstitut soll die Datenverfügbarkeit und Standardisierung vorantreiben sowie Datentreuhändermodelle und Lizenzen etablieren (Koalitionsvertrag, S. 17).

Dies soll dem besseren Zugang zu Daten für Start-ups und KMU zur Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle dienen. Damit zeigt die Politik Sensibilität für dieses Thema und stellt die richtigen Weichen, lässt aber die konkrete Ausgestaltung offen.

Positionspapier. Ein Dateninstitut für Deutschland

Vergessen werden hierbei oft die Bedarfe der Forschung, insbesondere, wenn es um einen bereichs- übergreifenden Datenaustausch geht, der bei der Planung eines zu etablierenden Dateninstituts beachtet werden sollte. Zudem sollte das Dateninstitut anschlussfähig für existierende wissenschaftliche Dateninfrastrukturen sein. Es sollte sich an ihren Services und Lösungen orientieren. Diese werden beispielsweise in der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur oder in Forschungsdatenzentren entwickelt und umfassen Remote Access, also den Datenzugang über Distanz, oder eine datenschutzgerechte Nutzung personenbezogener Daten. Die in der Forschung formulierten FAIR- Prinzipien (Findable, Accessable, Interoperable, Reusable) bieten hier eine grundlegende Orientierung.

Positionspapier. Ein Dateninstitut für Deutschland

Das Dateninstitut sollte seine Rolle als One-stop-shop für einen Datenzugang für verschiedene Nutzergruppen zu den Daten von verteilten Einrichtungen verstehen, der für eine Vernetzung und einfache Zugänglichkeit von Daten im Rahmen des dezentralen Systems der Datenproduzenten sorgt. Schöner Traum: One-stop-shop….

Eine wichtige Dienstleistung ist dafür die Bereitstellung einer kontrollierten sicheren Verarbeitungsumgebung über Fernzugriff (Remote Access) im Sinne von Art. 5 der Verordnung über europäische Daten-Governance.

Positionspapier. Ein Dateninstitut für Deutschland

Eine Herausforderung wird zudem darin bestehen, das Teilen von Daten zu unterstützen. Das Dateninstitut sollte Anreize zur Bereitstellung von Daten erhöhen, indem Win-Win-Situationen geschaffen werden. Beispielsweise könnte Urhebern im Rahmen der Datennutzung durch externe Mitsprache und Kooperationen die Möglichkeit gegeben werden, Daten zu ihrem eigenen Nutzen zu öffnen.

Das Dateninstitut soll dazu beitragen, das Prinzip der grundsätzlichen Offenheit von Daten der öffentlichen Verwaltung und anderen öffentlich finanzierten Daten flächendeckend umzusetzen – sofern nicht übergeordnete Belange, wie öffentliche Sicherheit, Urheberrechte oder der Schutz personenbezogener Daten, dem entgegenstehen. Regeln des Datenschutzes sollten klarer formuliert und die Umsetzung des Datenschutzes mit dem Ziel harmonisiert werden, eine möglichst große Offenheit von Daten zu gewährleisten.

Hier lohnt ein Blick auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG):

Bei Anfragen von Journalisten und Zivilgesellschaft überbieten sich die Behörden in der Kunst des Abwimmelns. Die Gummiparagrafen des IFG machen es möglich. Der Exekutive wird es leicht gemacht, unliebsam Fragende in die Schranken zu weisen.

Ein stattlicher Anteil der insgesamt 13 Paragrafen regelt, wie man Bürgerinnen und Bürger wieder los wird:

Etwa Paragraf 3: Schutz von besonderen öffentlichen Belangen, Paragraf 4: Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses, Paragraf 5: Schutz personenbezogener Daten oder Paragraf 6: Schutz des geistigen Eigentums und von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen.

Sehen sich die Behörden mit besonders hartnäckigen Fällen konfrontiert, die sich nicht abblocken lassen und auf ihrem Recht auf Informationsfreiheit bestehen, greifen die liebwertesten Beamten-Gichtlinge zur Allzweckwaffe:

Paragraf 10: Gebühren und Auslagen.

Wie hoch diese tatsächlich sein können, liegt im Ermessen der Behörde und variiert je nach Hartnäckigkeitsgrad. Also ist das nur schwer kalkulierbar. Die Abschreckung wirkt erstaunlich gut. Wer nicht über entsprechende Budgets verfügt, zieht die Anfrage lieber zurück.

Habt Ihr Fragen? Dann bitte die Chat- und Kommentarfunktionen von YouTube, Facebook und LinkedIn benutzen.

Wichtig der Hinweis von Viktor Mayer-Schönberger (Professor für Internetregulierung in Oxford) und Thomas Ramge (Publizist mit Schwerpunkt auf Technologiethemen). 

Intelligente Datenregulierung zwingt die Plattformen, Datenschätze der sozialen Netzwerke der Gesellschaft und den Menschen gemeinschaftlich verfügbar zu machen. Dies wäre fair, weil die Vielzahl der Nutzer diese Daten selbst geschaffen hat. Natürlich wären davon keine Geschäftsgeheimnisse betroffen, sondern lediglich depersonalisierte Daten und Sachdaten. Zugang zu den Daten der Datenmonopolisten entspricht übrigens auch einem Grundprinzip offener Gesellschaften: Gesellschaftlich relevante Informationen müssen allen zugänglich sein, die mit diesen Informationen gesellschaftliche Probleme besser lösen können. Indem Datenmonopole den Datenbaronen helfen, ihre Profite zu maximieren, betreiben sie Diebstahl am Fortschritt für alle. 

Siehe auch:

Nur im herrschaftsfreien Dialog gewinnt man Vertrauen in die Digitalisierung und in die Datenökonomie – Eine Streitschrift.

Auch ein Problem: Datenklau. Deutsche Presse-Agentur betroffen von Hackerangriff auf IT-Dienstleister.

Zerschlagt das Oligopol! Ein Kommentar zum CCC-Hack der TI-Konnektoren

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