
Ohne emotionale Ansprache, ohne emotionale Angebote funktioniere Kommunikation nicht wirklich gut, so der Soziologe Alfred Fuhr in einem Interview in der Sendung #DigitalXStudio.
„Es geht dabei um die Erzeugung von Vertrauen.“ Besonders in Zeiten der Pandemie sei es wichtig, auf den Monitoren sichtbarer zu werden und Vertrauenskommunikation zu kultivieren. „In der PR wird das vernachlässigt. Da wird das Authentische weggebügelt“, kritisiert Fuhr.
Wir kennen das in den weltweit führenden und gut aufgestellten Schönwetter-Meldungen, die von Firmen inflationär rausgeblasen werden. „Dann schaltet man ab. Aseptische Kommunikation mag keiner“, betont Fuhr. Sein Ratschlag: Fernab von Kontrollschleifen und Freigabeorgien sollten sich die PR-Profis den Abenteuern der Kommunikation hingeben.
Der Philosoph Hans Blumenberg hat in seiner Metaphorologie das Gleichnis der Seefahrt bemüht und damit die Sphäre der Unberechenbarkeit markiert. „Es ist wieder ein Abenteuer, zu kommunizieren. Bereite Dich auf das Unkontrollierbare vor“, empfiehlt Fuhr. Raue Live-Formate seien dabei besonders interessant. Hier sollte das Spielerische in den Vordergrund treten. In den vielen Livestreaming-Projekten ist mir das auch aufgefallen. Wer die Leinen locker lässt und unterschiedliche Fachleute des eigenen Unternehmens in solche interaktiven Echtzeit-Sendungen auftreten lässt, kann Talente für die interne und externe Kommunikation entdecken. Klaus Eck nennt diese talentierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerne auch Markenbotschafter.
„Die Zukunft der PR-Abteilung liegt darin, solche Talente in der eigenen Organisation zu entdecken, sie zu fördern und ihnen Bühnen zur Verfügung zu stellen. IT-Entwickler, die ihre Disziplin wunderbar erklären können, wirken in ihrem Habitus und ihrer Gestik viel vertrauenswürdiger in den relevanten Zielgruppen als jeder Pressesprecher“, meint Fuhr.
Gepaart werden sollte die Markenbotschafter-Entdeckungstour mit der nötigen Offenheit, Diskussionsbereitschaft und Zugänglichkeit. Vertrauenskommunikation erzeugt man nicht durch pseudo-authentische Modesprüche von gemieteten Influencer-Sternchen.
Gefragt ist die Kunst der Moderation, um Menschen persönlich anzusprechen und ihnen eine Intimität auf Distanz zu vermitteln. Die Zuschauerinnen und Zuschauer nehmen das Geschehen nicht passiv zur Kenntnis. Fuhr verglich im #DigitalXStudio diese Gemengelage mit einem Gambit, also mit Eröffnungszügen im Schach. Im Spielverlauf werden Extrempositionen aufgegeben. Die Interaktionen sind fließend, vielfältig und unvorhersehbar. Das vertrauende Publikum zeigt die Reaktion, die den gemeinsamen Handlungsakt vervollständigt – auch wenn das nur imaginativ vor dem Monitor geschieht.
Vertrauenswürdigkeit ist eine Darstellungsleistung in der Moderation. Ein informeller, offener und geselliger Stil ist dabei hilfreich. Eine Begabung zum small talk und ein angenehmer Umgang mit den Gästen sind dafür unabdingbar. Hilfreich ist auch ein Blick hinter die Kulissen, um Barrieren zum Publikum abzubauen. Alfred Fuhr empfiehlt zur Vertiefung dieser Thematik übrigens das Opus von Harald Wenzel: „Die Abenteuer der Kommunikation“, erschienen im Verlag Velbrück Wissenschaft.