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Netflix und das Kukident-Niveau von Ex-RTL-Chef Thoma

Da war die TV-Welt noch in Ordnung

„Netflix wird scheitern“. Diesen Glaubenssatz verkündet der ehemalige RTL-Chef Helmut Thoma im Interview mit dpa.

„Am Ende sind diese ganzen Serien doch immer wieder das Gleiche, das langweilt die Zuschauer irgendwann“, so Thoma. Die Leute wollten auch aktuelle Nachrichtenformate oder Magazinsendungen sehen, das böten nur herkömmliche Fernsehsender.

Thoma glaubt daher nicht, dass das klassische Fernsehen tot sei. „Das ist Quatsch. Es hat eigentlich noch eine große Zukunft vor sich“ – wenn die Sender-Verantwortlichen die Potenziale der technischen Entwicklung denn endlich erkennen würden. Mein Gott, was für flache Kommentare sondert denn Thoma noch ab. Siehe meinen Beitrag “Das ‘Konzept’ Fernsehsender wird überflüssig und die TV-Macher merken es nicht – Streaming-Dienste erobern den Bildschirm”.

Wer räumt denn bei Serien die Preise ab? Wer ist wirklich in den Formaten innovativ? Das sind Netflix und Co. Aber was will man von einem Medienmanager aus der Gesternzeit erwarten, der uns in seiner aktiven Zeit mit statistischen Mumpitz versorgte. Seine berühmteste Erfindung ist die werberelevante Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen bei der Messung der TV-Einschaltquoten. Das Ganze war ein Vermarktungstrick. Thoma habe es mit seiner Eloquenz geschafft, diese Zielgruppe im Markt zu verankern, berichtet das NDR-Magazin Zapp. „Die Kukidents überlasse ich gern dem ZDF“, so der legendäre Ausspruch des Österreichers.

In den vergangenen Jahrzehnten sind Milliarden Euro für Fernsehwerbung ausgegeben worden auf völlig willkürlichen Grenzziehungen eines Fernsehchefs. Hochbezahlte Mediaplaner, Kommunikationschefs und Werbeexperten fielen darauf rein. Selbst ARD und ZDF rannten und rennen dieser Schimäre hinterher. „Dabei hatte unsere Argumentation von Anfang an enorme Lücken“, gab Thoma in einem Interview mit dem Spiegel zu. Er habe der Werbewirtschaft suggeriert: Ihr müsst an die Jungen ran, die „Erstverwender”; deshalb braucht ihr auch keine alten Zuschauer, denn die seien markentreu. Aber ab 29 brauche man wirklich nicht mehr von „Erstverwendern” zu sprechen. Außerdem: Wer ist denn zählungskräftig? Die über 50-Jährigen. Geändert hat sich nichts. Bis heute hält man an dieser dümmlichen Einschaltquote fest. Die Prognosen von Thoma liegen jetzt allerdings auch auf Kukident-Niveau.

Über den Autor

gsohn
Diplom-Volkswirt, Wirtschaftsblogger, Livestreamer, Moderator, Kolumnist und Wanderer zwischen den Welten.

2 Kommentare zu "Netflix und das Kukident-Niveau von Ex-RTL-Chef Thoma"

  1. Joachim Herbert | 26. April 2019 um 16:33 Uhr |

    Ja, Thoma hat es nicht begriffen. Nur greifen Sie zu kurz. Sein Problem ist aber nicht , dass er die werberelevante Zielgruppe erfunden hat, sondern dass er nicht versteht, warum lineares programmiertes Fernsehen keine Chance gegen Streaming hat. Und dass man Nachrichten oder Magazine nicht nur um 19.00 oder 20.00 Uhr sehen will. Netflix kann auch Doku und Magazin, YouTube sowieso. Und die hat er gar nicht auf dem Schirm.

  2. Das habe ich ja in dem anderen Beitrag schon vor Jahren dargelegt. Der Unsinn mit der Quote ist nur ein kleiner Beleg für den Unsinn, den Thoma so in der Vergangenheit geäußert hat.

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