Kommunikativer Narzissmus der Social Media-Priester – Robotik-Prosa statt Gespräche

Fragen stören die Einweg-Kommunikatoren
Fragen stören die Einweg-Kommunikatoren

Der Smarter Service-Blogger Bernhard Steimel prangert in einem lesenswerten Beitrag die Hybris der Social Media-Priester an. Sie würden Wasser predigen und Wein saufen. Sie selbst seien im Ego-Shooter-Modus unterwegs und pflegen die Kunst der Selbstinszenierung.

„Die selbsternannten Gurus predigen die Kultur des Teilens und sind selbst mehr als geizig, wem sie ihre Aufmerksamkeit und Link-Autorität schenken. Kurioserweise sind diejenigen, die den Dialog auf Augenhöhe vorbeten, häufig selbst nur im Sendermodus unterwegs. Denn wer sich die Mühe macht, die Social-Signals auszuwerten, sieht schnell, dass hier vor allem die Maschine der Selbstvermarktung auf Volltouren läuft.“

Mit Facebook, Twitter & Co. sei nur ein neues Marketing-Silo entstanden. Ist das nun ein reines Marketing-Problem? Wohl nicht. Es liegt am kompletten Management in Unternehmen und sonstigen Institutionen, die sich in der Öffentlichkeit als abgeschottete Einheiten ausschließlich im Schönwetter-Modus darstellen. Dazu zählt übrigens auch Google. Jeden Dienstag kann man das in dem Hangout on Air-Format „Google Partner Aktuell“ bewundern.

Da wird nicht nur die Begrüßung vom Teleprompter abgelesen, sondern auch die Fragen und Antworten ohne Beteiligung des Publikums. Der Frage-Button, den ich bei meinen Live-Hangouts immer einsetze, war bei allen Sendungen, die ich mir angeschaut habe, deaktiviert. Übrig bleibt ein skriptgesteuertes und schlecht präsentiertes Werbe-Blabla mit dem Charme von Robotik-Prosa.

Nina Kalmeyer hat das als Reaktion auf den Steimel-Beitrag auf den Punkt gebracht: Wenn das Management wirklich Interesse am Dialog hätte, gäbe es weitaus weniger „Social Media-Äffchen“:

„Aber so ist es doch für beide Seiten sehr bequem. Oberflächlich wird was getan und ändern braucht man (noch) nichts und allen geht es (noch) gut – die Kultur, die in den meisten Unternehmen herrscht, verträgt ehrlich gesagt auch nicht mehr – ernst wird es erst, wenn die Kunden solchen Unternehmen den Rücken kehren und dann ist es eh meistens zu spät.“

Letztlich machen sich die meisten Führungskräfte in die Hosen, wenn sie ohne Sprachregelungen, ohne Powerpoint-Rhetorik und ohne Kontrollmöglichkeiten mit Kunden, Bloggern oder Journalisten sprechen müssten. Kennt Ihr Unternehmen, die das im Top-Management anders machen?

Würde gerne meine „Interview-Reihe“ mit twitternden Chefs fortsetzen.

Wie sich die Kommunikation im Ganzen ändert, hat Richard Gutjahr in einer famosen Analyse auf den Punkt gebracht.

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