Kein Mensch sagt mehr Beat oder: Wie die Pflicht zur „Depublizierung“ der Hörspielkunst schadet

Hörspiele wieder verfügbar machen

Die sich aus 17 Sachverständigen und 17 Abgeordneten aller Parlamentsfraktionen zusammensetzende Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft des Bundestags (EIDG) empfahl im Januar 2013 ausdrücklich die Aufhebung der im Rundfunkstaatsvertrag festgeschriebenen Depublikationspflicht.

Es waren bekanntlich die Leistungsschutz-Gichtlinge der Verlage und privaten Rundfunk-Anbieter, die sich gegen die öffentlich-rechtlichen Sender stellten und entsprechende Gesetzesänderungen verlangten.

Das Resultat ist höchst ärgerlich, wenn man sich das beschämend schlechte Angebot der Mediatheken von ARD und ZDF anschaut. Der Schwachsinn des Depublizierens entspricht nicht mehr dem Nutzungsverhalten der Medienkonsumenten. Ich entscheide selbst, wann und wo ich Angebote von öffentlich-rechtlichen Hörfunk- und Fernseh-Sendern wahrnehmen möchte. Der Grundversorgungsauftrag, den wir über Gebühren finanzieren, sollte auch für die digitalen Plattformen gelten – ohne irgendwelche Einschränkungen.

Es ist auch für die Autorinnen und Autoren – also für die Urheber – wichtig, ihre Werke dauerhaft im Netz präsentieren zu können. Etwa für Hörspiele.

Um so löblicher ist das Projekt „Hörspielpark“ unter der künstlerischen Leitung von Paul Plamper:

„Unser Ziel ist, das Gesamtwerk ausgewählter Hörspielmacher zu fairen Preisen dauerhaft erhältlich zu machen. Es gibt immer wieder Hörer, die nach Hörspiel-Sendungen im Radio fragen, ob es das Hörspiel als CD oder Download zu kaufen gibt. Für sie und andere Interessierte wollen wir Autorenhörspiele zugänglich machen.“

Mit „Hörspielpark“ hat Plamper einen auf Nutzergebühren basierenden Netzvertrieb geschaffen, in dem er seine Produktionen und weitere Werke einer freien Anbietergemeinschaft von Hörspielmachern präsentiert: zum Vorhören, Downloaden oder als CD – und stets in bester Tonqualität, schreibt Wolfgang Schiffer in seinem Literaturblog „Wortspiele“.

Die Bezahlung läuft komfortabel über Paypal – der Preis pro Hörspiel liegt so um die fünf bis sieben Euro. Also sehr angemessen für ein weithin unterschätztes Genre des Kulturbetriebes in Deutschland.

Bei Durchstöbern der Hörspiele bin ich direkt auf ein ziemlich irres Stück gestoßen, das in Bonn spielt: Kein Mensch sagt mehr Beat. Rafael Jové kauft die unscheinbare Single mit dem Titel „Hans Daniels präsentiert Bonner Beatbands“ in einem Fürther Trödelgeschäft und findet auf ihr ein James Brown infiziertes Stück Funk, so roh und ungefiltert, wie man es aus Deutschland nie vermutet hätte. Jové reist der Geschichte dieser alten Schallplatte hinterher und er trifft alle, die mit ihr zu tun hatten: CDU-Wahlkämpfer, den ehemaligen Bonner Oberbürgermeister Hans Daniels, älter gewordene Musiker, Fans und Schallplattenhändler.

Warum wir uns stärker gegen die Pflicht zur Depublizierung stellen sollten, werde ich in einigen Interviews und Storys ausführlicher aufgreifen. Aber das ist eine kleine Überraschung – für die Leistungsschutz-Gichtlinge…..

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