
Zu den Technologieführern zählen nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung Unternehmen mit hohem Innovationserfolg, die die technologische Grenze kontinuierlich weiter nach außen verschieben und die Spitze der deutschen Innovationslandschaft bilden. Dieses Milieu hat eine starke Technologie-, Wissenschafts-, Forschungs- und Entwicklungsorientierung, die sich auch in hohen Patent-Aktivitäten widerspiegelt. Nur rund sechs Prozent der Unternehmen aus Industrie und industrienahen Dienstleistungen sind diesem Milieu zuzuordnen. Die Branchenschwerpunkte liegen bei Chemie, Pharma, Kunststoff sowie in der
Metall- und Elektroindustrie (M+E). Darunter finden sich besonders viele große Unternehmen: Rund 2,1 Prozent hatten im Jahr 2017 einen Umsatz von über 50 Millionen Euro.
Die disruptiven Innovatoren (wenn es denn wirklich disruptive Innovatoren sind, gs) zeichnen sich durch ihre Offenheit für Neues aus, die sich in hoher Risikobereitschaft und dem Mut zu radikalen Innovationsprojekten mit disruptivem Potenzial zeigt. Zudem steht die Unternehmenskultur – insbesondere die Einbindung und Motivation der Mitarbeiter – im Fokus. Innovationen entstehen hier nicht durch einen Top-Down-Prozess in eng eingegrenzten Bereichen, vielmehr ist das ganze Unternehmen auf Innovation hin ausgerichtet, Mitarbeiter werden aktiv
in den Prozess eingebunden. Knapp ein Fünftel (19 Prozent) der Unternehmen aus Industrie und industrienahen Dienstleistungen ist den disruptiven Innovatoren zuzuordnen. Dabei ist der Anteil junger Unternehmen besonders hoch: Knapp ein Viertel (24 Prozent) der Unternehmen wurde in den vergangenen zehn Jahren gegründet. Bei den Branchen dominieren unternehmensnahe Dienstleistungen sowie IKT/Medien. Rund 0,3 Prozent der Unternehmen hatten im Jahr 2017 einen Umsatz von über 50 Millionen Euro, verglichen mit 0,5 Prozent im Durchschnitt.
Die “konservativen” Innovatoren zeichnen sich laut Studie durch eine starke FuE-Orientierung und ein entsprechend hohes Patentaufkommen aus (Ich habe Patente, also bin ich – das sagt gar nichts über die Innovationsbereitschaft aus, häufig werden Patente sogar für das Gegenteil eingesetzt, gs). Die Organisation der Innovationsaktivitäten ist jedoch weniger strukturiert und es gibt keine Ausrichtung der Unternehmenskultur auf Innovation.
Besorgniserregend ist laut Autoren die Struktur innovationsferner Unternehmen und ihre Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Gerade in den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) fehlt es häufig an einer ausgeprägten Innovationskultur. Die innovationsfernen Milieus der “Passiven Umsetzer”, der “Zufälligen Innovatoren” und der “Unternehmen ohne Innovationsfokus” setzen sich fast vollständig aus KMU zusammen.
“Unsere Studie zeigt, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen gezielt in ihre Innovationsfähigkeit und die digitale Transformation investieren müssen. Bleibt dies aus, könnten hunderte Unternehmen und tausende Arbeitnehmer ins Abseits rutschen, wenn sich die Wettbewerbsbedingungen durch fortschreitende Digitalisierung und neue Wettbewerber verändern”, so Armando Garcia Schmidt.
Der Einsatz für mehr Innovationskraft braucht veränderungswillige Unternehmen und eine aktive Wirtschafts- und Innovationspolitik, so die Autoren. Hierzu muss vor allem in die klassische und auch digitale Infrastruktur investiert werden, damit die Vielzahl der Unternehmen im ländlichen Raum nicht den Anschluss verlieren. Die steuerliche Forschungsförderung für Unternehmen, so wie sie aktuell diskutiert wird, ist nicht zielführend. Die geplanten Mittel seien zu gering und werden laut Autoren nach dem Gießkannenprinzip verteilt. Die Förderinstrumente sollten gezielt den Aufholprozess der KMU unterstützen, gute Rahmenbedingungen für technologisch versierte Startups setzen und die Grundlagenforschung stärken. Vielleicht haben die Studienautoren aber die Ursachen für die Innovationsverweigerung in Unternehmen gar nicht erfasst.
Wir debattieren seit Jahren aus guten Gründen über die Überalterung unserer Gesellschaft. Es geht dabei in erster Linie um die Finanzierung der Rentenversicherung über das Umlageverfahren, um die Kosten der Altenpflege, Fachkräftemangel, Probleme bei der Unternehmensnachfolge oder um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Ein blinder Fleck im politischen Diskurs ist die alternde Unternehmerschaft in Deutschland, die sich nur über die Erfolge der Vergangenheit definiert. Klingt nicht gerade aufregend. Aber wir erleben gerade eine digitale, innovative und investive Spaltung der Wirtschaft. Alte Unternehmer leben von der Substanz, investieren kaum und verdrängen die Notwendigkeit von Erweiterungsinvestionen sowie Innovationen. Das erklärt vielleicht auch die Aversionen vieler Chefs gegen die Digitalisierung.
Die Investitionsbereitschaft von Inhabern sinkt mit zunehmendem Alter rasant. Von den Unternehmern über 60 Jahren investiert laut KfW nur noch rund jeder Dritte. Die anderen ziehen sich aus der Weiterentwicklung ihres Unternehmens zurück – man sieht das beispielsweise am Niedergang der Verlage. Alte Verleger investieren nicht. Das gefährdet den künftigen Geschäftserfolg, bremst Modernisierung und reduziert gesamtwirtschaftliches Wachstum. Sinkt die Wettbewerbsfähigkeit, sind häufig auch Arbeitsplätze gefährdet.
Unabhängig vom Wirtschaftszweig haben große Mittelständler tendenziell ältere Inhaber. Bei den großen Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten liegt das Durchschnittsalter des Inhabers bei 53 Jahren. Gleichzeitig fehlt der Nachwuchs: Seit rund 18 Jahren ist die Gründerzahl im Sinkflug.
Wie das KfW-Mittelstandspanel der Unternehmensinvestitionen zeigt, ist der Zusammenhang zwischen Inhaberalter und Investitionsbereitschaft unverkennbar: 57 Prozent der Unternehmen mit Chefs unter 40 Jahren investieren. Mit steigendem Unternehmeralter sinkt der Investorenanteil deutlich. Bei den über 60-jährigen Unternehmensinhabern erreicht er nur noch 37 Prozent.
Auch die Art der Investition verändert sich mit steigendem Alter. Stärker risikobehaftete und kapitalbindende Vorhaben werden seltener, die noch durchgeführten Investitionen dienen in erster Linie der Pflege des Kapitalstocks. Jürgen Stäudtner spricht in seinem Innovationsstau-Buch gar von einer Hedgefonds-Mentalität, die bei den arrivierten Firmenchefs dominiert.
Woher sollen also die veränderungswilligen Unternehmen herkommen, die laut Bertelsmann-Studie gefördert werden sollen.
Wir brauchen junge und neue Unternehmen. Den Protagonisten mit Hedgefonds-Mentalität sollte man mit einer Vermögenssteuer Beine machen. Nur wer Kapital reinvestiert, wird von der Vermögenssteuer befreit.