Gewähren Sie ein Sonderkündigungsrecht für Bestandskunden, Herr van Damme! #Drosselkom

Kundenprotest gegen die Telekom

Als Bestandskunde, für den noch die alten Geschäftsbedingungen der Telekom gelten, habe ich kein Sonderkündigungsrecht, um dem Magenta-Konzern den Rücken zuzuwenden. Das ist mir bewusst und das gilt wohl auch für die Mehrheit der Telekom-Kunden, die die Petition von Malte Goetz unterzeichnet haben. Bei der Übergabe der Protestnote in der Lobby der früheren T-Mobile-Zentrale in Bonn-Beuel an den Telekom-Deutschlandchef Niek Jan van Damme lag man noch bei über 130.000 Unterzeichnern – mittlerweile sind es knapp 165.000 (Stand: 3. Mai, 11:20 Uhr).

Kaum einer der Unterzeichner steht wohl schon unter dem Regime der Drosseltarife, die ab 2016 ihre Wirkung entfalten werden. So blöd bin ich auch nicht. Aber schon jetzt gibt es eine breite Bewegung, die die neue Strategie der Telekom massiv bekämpft. Der Konzern hat den Limes überschritten und versucht dennoch, durch rhetorische Leerformeln sich über Wasser zu halten. Wäre Malte Goetz nicht an der Telekom interessiert, so van Damme gegenüber den Medienvertretern, wäre er vielleicht direkt zum Wettbewerber gegangen:

„Darüber sind wir froh. Wir wollen die Kunden, denen das Internet so wichtig ist, auch richtig bedienen. Führt das dazu, dass wir jetzt die Maßnahmen zurücknehmen? Nein. Wir haben nur gesagt, dass wir die nächsten drei Jahre nutzen werden, um über Lösungen zu sprechen, die für alle auch wirklich akzeptabel sind. Ich bin mir sicher, wir werden diese Lösungen finden.“

Daraufhin fragte ich, ob denn Malte Goetz überhaupt direkt zur Konkurrenz wechseln könnte? Geben Sie den 24-Monatsvertrag jetzt frei? Eine Kündigungswelle ist nach Ihren Worten noch nicht eingetreten. Ich kann ja gar nicht kündigen.

„So lange wir bringen, was wir mit diesen Verträgen versprochen haben, behalten wir die Kunden gerne bei uns. In dem Moment, wo wir unsere Versprechen (im Video klingt das eher wie Verbrechen, gs) nicht mehr halten, können Kunden gehen. Es gibt aber doch kein Grund, um zu wechseln. Die geänderten Geschäftsbedingungen gelten ja nur für Neukunden und nicht für jene Kunden, die in den letzten Jahren einen Vertrag abgeschlossen haben“, sagt van Damme.

Dann folgt der wohl nach Sprachregelung festgelegte Hinweis auf die drei Prozent Vielnutzer, die man stärker zur Kasse bitten will, damit nicht der Otto-Normalverbraucher und die „kleine Maria Müller“ für die Leute bezahlen müssen, die den ganzen Tag HD-Filme herunterladen und Musik hören.

Nach dem Pressetermin redete dann noch eine kleine Entourage des Deutschlandchefs auf mich ein, dass ich eben kein Recht und keinen Grund habe, die Telekom zu verlassen. Ich sei von der Regelung als Bestandskunde nicht von der Drosselung betroffen. Auf meinen Hinweis, dass die Telekom mit dem Angriff auf die Netzneutralität über die Bevorzugung von eigenen Diensten und von Partnerdiensten ein geteiltes Internet schaffe und ich diese Linie nicht mehr mitfinanzieren wolle, folgte die arrogante Zurechtweisung eines aalglatten Telekom-Managers, ich könne ja auch einen laufenden Leasing-Vertrag nicht ohne Einhaltung der Fristen kündigen.

Zudem hätte jeder die Möglichkeit, Partner der Telekom zu werden, um vom bevorzugten Transport der Datenpakete zu profitieren. Dieses Managerlein grinste die ganze Zeit auf mich herab, wenn es denn die Körpergröße zulassen würde. Wohl ein Jurist wie aus dem Bilderbuch mit braunem Tweed-Sakko, brauner Hornbrille (Marke „Ich möchte aussehen wie ein Intellektueller“), Timberland-Boatshoe und Halstuch. Auf meine Anmerkung, dass die von den Telekomikern so häufig erwähnten drei Prozent Vielnutzer etwas nebulös dargestellt werden, zog man sich dann auf Geschäftsgeheimnisse zurück. Auch die Umsätze, die man sich von dieser Klientel verspricht, wurden von dem Hornbrillen-Manager nicht benannt. Man wolle der Konkurrenz nicht in die Karten spielen – ah ja.

Im Faktencheck von Chip Online wird genau dieser Sachverhalt in Frage gestellt. Die Aussage, dass nur drei Prozent der Telekom-Kunden von der Drosselung betroffen seien, ist überhaupt nicht überprüfbar,

„da nicht gesagt wird, welcher Wert als Basis für die Prozentrechnung herangezogen wird. Handelt es sich bei den 100 Prozent nur um Kunden mit T-DSL-Vertrag, oder werden auch alle Telekom-Kunden mit reingerechnet, die nur über einen Festnetzanschluss, nicht aber über einen DSL-Anschluss verfügen? Und was ist mit Mobilfunk-Nutzern? Das sind genaugenommen ja auch Telekom-Kunden. Aber auch abseits dieser unklaren Berechnungsgrundlage kommen starke Zweifel an dieser Milchmädchenrechnung auf. So spricht die Telekom einerseits von nur drei Prozent der Kunden, die mehr als das ab sofort in Neuverträgen verankerte Inklusivvolumen benötigen. Andererseits schreibt sie in ihrer Pressemitteilung aber auch, dass sie davon ausgeht, dass sich das benötigte Datenvolumen bis 2016 vervierfachen wird. Selbst mit der simplen Rechnung der Telekom wären demnach 2016 nicht nur drei Prozent, sondern ein vielfaches davon von der Drosselung betroffen.“

Bleibt zu hoffen, dass jetzt zumindest die politischen Instanzen eingreifen, um die Netzneutralität zu wahren.

Die Netzinfrastruktur muss endlich als öffentliches Gut begriffen werden. Sind die Netzbetreiber dazu nicht bereit, sollte man einen gesetzlichen Riegel vorschieben oder den Telcos das Netz entziehen und ein öffentlich-rechtliches Betreibermodell wählen. Was nicht heißt, dass der Staat als Netzbetreiber auftreten sollte – das wäre genauso fragwürdig.

Weitere Fotos zum gestrigen Pressetermin auf Facebook.

Hier noch ein Formular, um zumindest fristgerecht zu kündigen!

Mit dem Sonderkündigungsrecht könnte der Telekom-Deutschlandchef hautnah erleben, was verschwindet.

Siehe auch:

#Drosselkom: Sterben, um zu wechseln.

Deutsche Telekom: Bis 2018 haben alle Kunden die neue AGB und Netzneutralität wird abgeschafft.

Drossillegal.

Die neuen AGBs der Telekom sind da.

Telekom drosselt fast alle Kunden.

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