Liebe Urheber, schauen wir doch der GEMA, VG Wort und Co. mehr auf die Finger!

Foto von Heiko Körfer

Der Rechtswissenschaftler Thomas Hoeren hat sich im brandeins-Interview sehr sachlich und differenziert über das Urheberrecht geäußert und einige Defizite in der Berichterstattung angesprochen, die man zu weiteren Recherchen nutzen sollte.

So räumt Hoeren mit dem Märchen auf, dass es den Verlagen und Musikkonzernen wirklich um die Urheber geht:

„Die gesamte Konstruktion zwischen Urhebern, Verwertern und Nutzern ist seit längerer Zeit komplett aus den Fugen geraten. Das Urheberrecht will und soll ein Recht der Kreativen sein, es ist aber längst ein reines Wirtschaftsrecht der Verwerter. Die Industrie hat sich über Jahrzehnte hinweg mit teilweise atemberaubenden Manövern Stück für Stück des Kuchens genommen, der ihr juristisch gesehen nicht gehört.“

Oder zu unseren Lieblingen GEMA und VG Wort:

„Nehmen Sie etwa die großen Verwertungsgesellschaften VG Wort und Gema. Das sind eigentlich Organisationen für Autoren und Komponisten. Diese Gesellschaften sammeln große Mengen Geld ein von Unternehmen oder Privatleuten, als Gegenleistung dafür, dass urheberrechtlich geschützte Werke etwa im Radio gespielt oder privat kopiert werden dürfen. Jeder, der zum Beispiel einen USB-Stick, einen Kopierer oder einen Scanner kauft, zahlt über den Ladenpreis eine Geräteabgabe an die Verwertungsgesellschaften. Dieses Geld fließt aber nicht komplett an die Urheber, wie es eigentlich sein müsste. Auch Verlage und Musik-Label kassieren mit, ohne juristisch dazu einen Hauch von Berechtigung zu haben.“

„Die Musik-Label etwa haben irgendwann entdeckt, dass die Gema über eine Sonderkonstruktion aus den Dreißigerjahren, die ausnahmsweise angewandt wurde, nicht nur Geld an Komponisten, sondern auch an Musikverlage ausgeschüttet hat. Das waren Unternehmen wie zum Beispiel Schott, die Musiknoten verlegt haben und keine Tonträgerhersteller waren. Die großen Label haben sich nach dem Zweiten Weltkrieg da rangehängt, haben sich zum Teil pro forma Musikverlage zugelegt oder selbst einen gegründet und gesagt, sie wollen auch Geld haben. Sie haben es bekommen und bekommen es bis heute, je nach Ausschüttung sind es rund 40 Prozent der Gesamtsumme.“

Aus den Dreißigerjahren???? Das sollte man doch mal näher untersuchen. Was war denn damals wirklich die Motivation und warum wird das heute so praktiziert.

Hoeren mahnt, dass man den Einfluss von bestimmten Unternehmen der Unterhaltungsindustrie nicht unterschätzen dürfe, und man muss außerdem wissen, dass es damals innerhalb der Gema mafiöse Strukturen gab, die die Gema noch bis heute beherrschen. Da sollte man etwas konkreter werden. Wer ist das genau?

Und jetzt wird es spannend im brandeins-Interview. Der Redakteur wendet ein, dass das nach einer Verschwörungstheorie klinge. Die Gema werde doch vom Deutschen Patent- und Markenamt beaufsichtigt.
Darauf Hoeren:

„Die Kontrolle funktioniert aber nicht, und in der Wissenschaft ist das ein offenes Geheimnis. Beim Deutschen Patent- und Markenamt gab es früher einen einzigen juristischen Prüfer. Von dem hieß es immer, er sei bei der Sitzung der Gema anwesend gewesen und habe nichts zu beanstanden gehabt. Er saß da wie der Notar bei der Ziehung der Lottozahlen und hat die Entscheidungen der Gema abgenickt. Die Missstände gingen immer weiter, wie etwa die eben erwähnten Ausschüttungen an die Musikindustrie. Das ist passiert und passiert noch immer. Die Verwertungsgesellschaften sind unfassbar intransparente Organisationen. Auch bei der VG Wort kassieren die Verlage mit, obwohl sie das nicht dürften, und niemand kann eigentlich noch genau sagen, wie es überhaupt dazu kam.“

Auf die Schweinerein im Wissenschaftsbetrieb will ich jetzt nicht eingehen. Aber vielleicht könnte man sich noch ausführlicher mit GEMA und VG Wort auseinandersetzen. Ich bekomme ja regelmäßig von VG Wort richtig gigantische Beträge überwiesen – so in der Größenordnung von 50 Euro. Also werde ich mich mit diesem Laden näher beschäftigen.

@hrbruns könnte doch weiter bei der GEMA bohren oder?

Wer hat noch Interesse, kollektiv über die Verwertungsgesellschaften zu recherchieren oder weiterführende Infos zur Verfügung zu stellen? In den nächsten Wochen werde ich das jedenfalls in meinen Kolumnen aufgreifen. Mal schauen, wie offen die Damen und Herren mit den Presseanfragen umgehen. Wahrscheinlich schneiden die genauso gut ab wie Google und Gazprom…..

So lustig wie die Bootstour in San Francisco ist das Thema allerdings nicht. Und wenn wir nicht weiterkommen, gibt es nur einen, der das lösen kann: Chuck Norris.

Digitale Ignoranten, arbeitslose Markenbotschafter und die Macht der Konsumenten #SMICS

Um die Vernetzungseffekte der App-Economy, den Trend zum mobilen Internet, die Ökonomie der Beteiligung über soziale Netzwerke und die Ausrichtung auf vernetzte Kunden richtig zu organisieren, sollten Unternehmen vielleicht dem Beispiel von Starbucks folgen und in ihren Vorständen einen Chief Digital Officer aufnehmen. Das schlug jedenfalls der amerikanische Management-Berater Brian Solis auf der Microstrategy-Fachtagung in Amsterdam vor. Ob das bei den liebwertesten Betonkopf-Gichtlingen in deutschen Unternehmen etwas ändern würde, kann ich nicht sagen: Unternehmen, die Investitionsentscheidungen nur auf Basis eindeutiger Quantifizierungen von Marktpotenzial und Renditeabschätzungen treffen, sind bei disruptiven Innovationen wie gelähmt oder machen entscheidende Fehler.

Eines ist absehbar: Organisationen, die mit vernetzten Kunden und Wählern nicht Schritt halten, werden vom Markt verschwinden. Nachzulesen in meiner heutigen Kolumne mit dem Titel: ÜBER DIE VERSCHLAFENHEIT DER DIGITAL IGNORANTS. Und auch in meiner gestrigen Kolumne für Service Insiders: Perfekte Anpasser: Wie Apps die Wirtschaft verändern.

Das prognostizierte übrigens auch Professor Scott Galloway auf der SMICS-Pressekonferenz:

Später dann ausführlich in seiner Keynote.

Und was das mit der Macht der Verbraucher zu tun hat, erläutert auf der Pressekonferenz Karl-Heinz Land, Chief Evangelist von Microstrategy:

Alle Videos und Interview der SMICS in Amsterdam findet man übrigens hier: