Offer geht und Schäuble bedankt sich

Die halbherzige Entschuldigung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für seinen selbstgerechten Ausraster während der Pressekonferenz zur Bekanntgabe der Steuerschätzung hat wohl nicht gefruchtet. Jedenfalls nicht intern. Extern erntet die spöttische Reaktion des Ministers auf Youtube rekordverdächtige Abrufzahlen! Spiegel Online berichtet, dass sein Pressesprecher zurückgetreten ist. Er ziehe die Konsequenzen aus der öffentlichen Demütigung. Michael Offer hat seinen Rücktritt erklärt. Ihm sei klar geworden, dass er nicht mehr das volle Vertrauen seines Chefs genieße.

Schäuble nahm das Gesuch an. „Mein Sprecher Dr. Michael Offer hat mich gebeten, ihn von seiner Funktion als Sprecher des Ministers zu entbinden. Diesem Wunsch habe ich heute entsprochen. Ich danke Herrn Dr. Michael Offer für seinen unermüdlichen Einsatz und seine Loyalität“, erklärt Schäuble in einer Pressemitteilung. Diese Erklärung hätte er sich schenken können. Vor allem der letzte Satz wirkt albern und unglaubwürdig.

Nachtrag:
Stern Online hat sehr schön beleuchtet, dass das Ganze ein Vorspiel hatte.

Als der stern im Oktober berichtete, dass Schäuble vor seinem dreiwöchigen Krankenhausaufenthalt intern seinen Rücktritt angeboten hatte, sagte Offer auf der Bundespressekonferenz, das seien nur „Spekulationen“ – eine in Berlin übliche Chiffre, wenn jemand nicht Position beziehen will. „Plötzlich erreichte ihn jedoch eine SMS mit der Anweisung, das Rücktrittsangebot zu dementieren, was Offer auch tat. Offenkundig war er über die stern-Recherchen nicht vorab informiert worden“, schreibt Stern Online und führt noch ein weiteres Beispiel an:

„Das ‚Handelsblatt‘ erhielt im November vorab den Text einer Rede, die Schäuble vor 400 Bankern halten wollte – ein Informationsaustausch, der zwischen Politik und Medien üblich ist. Als Schäuble tatsächlich am Rednerpult stand, wandelte er sein Manuskript jedoch deutlich ab. Das Handelsblatt dokumentierte die Unterschiede zum Originaltext, was dem Minister überhaupt nicht gefiel. Er knöpfte sich deshalb Offer vor. Ein echtes Vertrauensverhältnis hat sich zwischen beiden nie aufgebaut.“

Und inzwischen ist recherchiert worden, dass Offer nicht daran schuld war, dass die vom Bundesfinanzminister gewünschte Presseinformation nicht rechtzeitig verteilt werden konnte – Schäuble hatte angeblich kurz vor der Pressekonferenz noch Änderungen verlangt.

Als Nachfolger von Offer wird Thomas Raabe gehandelt. Vor acht Jahren war er als Prokurist verantwortlich für die PR des Müllkonzerns DSD. In dieser Funktion vertrat er auch das Unternehmen in Berlin und begleitete den Einstieg des Firmenjägers KKR in das Unternehmen mit dem Grünen Punkt. Da dürfte Raabe ja einige Erfahrungen mit schwierigen Vorgesetzten mitbringen.