Trolliges Medienecho und helles DuMont-Entsetzen

Die Affäre um anonym abgegebene Kommentare im Blog von Stefan Niggemeier, die zumindest vom Rechner des Verleger-Sohnes Konstantin Neven DuMont stammen, zieht größere Kreise. Meedia hat das Presseecho zusammengefasst: Die FTD, die Süddeutsche und die FAZ haben den Skandal um „erfundene Kommentatoren“, „wilde Vermutungen“ und „einen mitteilsamen Verleger“ aufgenommen. Gut kommt DuMont dabei nicht weg. Die Financial Times Deutschland (FTD) stellt sogar die Frage: „Wer bin ich und, wenn ja, wie viele?“

FTD-Autor Matthias Oden bringt das Blog-Theater auf den Punkt: “Es ist ein gewaltiger Vorwurf, der da mitschwingt: Ein Verleger, der anonym einen mehrfach für seine Verdienste um die deutsche Medienlandschaft ausgezeichneten Blogger zu diskreditieren versucht?….Und eigentlich wäre Neven DuMonts Antwort schon unangenehm genug für ihn: Mitarbeiter eines Konzernvorstands, die ohne dessen Wissen von seinem Rechner aus Feldzüge gegen den Kritiker des Chefs führen – es gibt Eingeständnisse, die leichter fallen. (Ahnlich habe ich das auch gewertet. Was sagen eigentlich die Verlagsmanager, die für die IT-Sicherheit verantwortlich sind, zur Aussage ihres Vorstandsmitgliedes??????, gs) Aber es kommt noch dicker: Denn Niggemeier zufolge erreichen ihn noch immer Kommentare von Neven DuMonts Computer. Und wenn beide, Neven DuMont und Niggemeier, die Wahrheit sagen, führt das wiederum zu der Frage: Wer greift da gegen den erklärten Willen von Neven DuMonts auf seinen Rechner zu? Wie auch immer die Antwort darauf ausfallen mag, in einem hat Niggemeier wohl recht: ‚Es ist eine bizarre Geschichte.’”

Unruhig ist wohl auch die Stimmungslage verlagsintern. So schreibt die Süddeutsche Zeitung: „Es gibt nicht wenige Leute in der Verlagswelt, und viele davon arbeiten für DuMont, die die Kommunikationslust des jungen Verlegers lustig finden. Doch das Amüsement ist verflogen. Es herrsche ‚helles Entsetzen‘, heißt es aus dem Umfeld der Unternehmensführung. Es geht um eine E-Mailadresse und sehr viele Identitäten. Und es geht um den Ruf des Hauses DuMont.“

Und wenn die Aussagen von Konstantin Neven DuMont zutreffen sollten, stellt sich die Frage nach seinen Qualitäten als Vorstandsmitglied eines großen Medienverlages in Deutschland. Schließlich verantwortet er einen wichtigen Geschäftsbereich: Unternehmensstrategie und Kommunikation.

Warum Philips die TV-Geräte lieber beim Kunden repariert

Beim Strategieforum für Service-Manager auf den Nürnberger Voice Days plus erläuterte Matthias Pyroth von Philips, warum seine Firma wieder beim Kunden repariert, diesen Service zentral steuert und nicht mehr über den Handel. Hier die Audioaufzeichnung. Länge 30 Minuten. Die Tonqualität lässt zu wünschen übrig, da ich die Mikrofone nicht günstig postieren konnte.

Insgesamt wurden sieben Fachvorträge gehalten, darunter Vertreter von IBM, Fraunhofer IAO, cioforum, Wincor Nixdorf und Noventum, die ich jetzt noch für eine NeueNachricht-Story aufbereiten werde. Die wird dann wohl morgen fertig sein.

Zum Thema Service-Innovationen siehe auch den Beitrag über die Preisträger des Smart Service Award.

Social Media und die Einweg-Botschaften der Wirtschaft

Über drei Viertel der Unternehmen in Deutschland räumen der Meinungsbildung in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Xing eine wesentliche Bedeutung für ihr eigenes Geschäft ein. Zu dieser Schlussfolgerung gelangt der aktuelle „SID/FIT Social Media Report 2010/11″(*) der Software-Initiative Deutschland e.V. (SID) und des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT, der mit Unterstützung der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg erarbeitet wurde.

„Dass sich nur Jugendliche in den Social Networks tummeln und die Firmen diesem Phänomen mehr oder minder hilflos gegenüber stehen, ist längst eine Mär“, erklärt Studienherausgeber Dieter Böttcher, Mitglied im Präsidium der Software-Initiative Deutschland. „Weit über die Hälfte der Firmen ist sich der Bedeutung der sozialen Netzwerke nicht nur bewusst, sondern setzt diese auch schon in irgendeiner Form für geschäftliche Zwecke ein“, so Mitherausgeber Prof. Wolfgang Prinz, stellv. Leiter des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT und dort verantwortlich für den Forschungsbereich Kooperationssysteme.

Indes ist Social Media oft nicht direkt Chefsache, wie die Forscher von Software-Initiative, Fraunhofer FIT und Hochschule ermittelt haben. Bei 45 Prozent der Unternehmen sindFacebook, Twitter & Co in der Pressestelle oder der PR angesiedelt, wobei allerdings diese Funktionen häufig am Vorstand oder an der Geschäftsführung hängen. Bei 33 Prozent kümmern sich Marketing und Vertrieb um die sozialen Netze. Die IT-Abteilung ist übrigens nur in 11 Prozent der Firmen mit dem Thema befasst. „Die Idee, von der eigenen IT interne soziale Netzwerke für das betriebliche Wissensmanagement aufbauen zu lassen, ist noch nicht sehr weit verbreitet“, stellt SID-Präsidiumsmitglied Dieter Böttcher fest. Dennoch nutzen immerhin ein knappes Drittel der Firmen Netzwerke wie Facebook auch für die betriebsinterne Kommunikation, wie die Studie ausweist.

„Wichtigste Zielsetzung für Unternehmen beim Einsatz von Social Media ist die schnellere Kommunikation – intern wie extern“, erläutert Valentina Kerst, Mitglied des Präsidiums bei der Software-Initiative Deutschland. Auf der Rangskala „1 = wichtig, 6 = unwichtig“ liegt der rasche Informationsaustausch mit 1,4 auf dem ersten Platz. An zweiter Stelle steht das zielgruppenorientierte Marketing (2,0), an dritter das Konzept,Social Media als Kanal für den Kundensupport einzusetzen. Mit 4,9 recht weit hinten liegt die Steigerung der Prozesseffizienz, hat die Studie ergeben.

Allerdings ist es auch ein Märchen, dass die Unternehmenswelt mit den sozialen Netzwerken transparent und offensiv umgeht. Auf der CRM-expo in Nürnberg sagte mir ein Marketingexperte, dass bei vielen Managern die Furcht vor dem Kontrollverlust grassiert oder Social Media eben nur als ein weiterer Kanal für Einwegbotschaften gesehen wird. Wirklich dialogorientiert ohne Wenn und Aber seien die wenigsten Firmen. Die hohlen Phrasen der Manager kommen bei den vernetzten Verbrauchern nicht mehr an. Führungskräfte, die noch daran glauben, dass die Online-Märkte dieselben seien, die einst ihre dümmliche Fernsehwerbung ertragen haben, machen sich immer noch etwas vor. „Wir haben bei der xy-Schlag-mich-tot-Technologie richtungsweisende Entwicklungen mit Innovationskraft gekoppelt, um effiziente und effektive Prozesse zu ermöglichen sowie Kosten zu senken. Mit High-Perfomance-Lösungen steht bei uns der Kunde im Mittelpunkt, um Wettbewerbsvorteile zu generieren, sich gut aufzustellen und im Bereich der Prozessintegration einen wichtigen Schritt in die Zukunft zu machen.“ So oder ähnlich lautet der pompöse Wortschwall, der sich nun täglich auch im Internet ausbreitet. Das Social Media-Motto der Einweg-Kommunikatoren lautet: Ihr dürft unsere Proklamationen auch im Internet lesen und unsere Produkte kaufen, Gespräche sind uns eher lästig.

Insofern dokumentieren Umfragen zur Zeit wohl nur das sozial erwünschte Meinungsbild. Die Realität sieht anders aus.

Youtube-Empfehlung des Möglichmacher-Bloggers Andreas Frank zum Thema: