Web 2.0-Pionier O’Reilly und die kollektive Intelligenz des Internets

Die Vision von der künstlichen Intelligenz wird Wirklichkeit, so Computerbuchverleger und Web 2.0-Pionier Tim O’Reilly http://tim.oreilly.com/personal_bio.csp im Interview mit der Deutschen Welle http://www.dw-world.de. Das Leben mit dem Internet sei viel weiter, als manche ahnungslose Nutzer meinten. Und es gebe keinen Weg zurück. O’Reilly ist sich allerdings nicht sicher, ob der nächste große Technologie-Schub mit dem WorldWideWeb verbunden ist. „Wenn wir über unseren Umgang mit Computern reden, verbinden wir das immer noch damit, vor einem Bildschirm zu sitzen und auf einer Tastatur zu tippen. Aber Computer werden immer mehr im Hintergrund verschwinden. Die offensichtliche Veränderung ist zunächst, was ja viele Menschen auch schon beschrieben haben, dass auch mobile Endgeräte oder Mobiltelefone als Plattform dienen. Damit ist auch verbunden, dass Spracherkennung immer besser wird. Oder dass Fotoapparate mittlerweile mit GPS ausgestattet sind. Wenn Sie damit ein Foto machen, ist der Ort automatisch Teil des Fotos und damit Teil der Information, die Sie zum Beispiel auf eine Web-2.0-Anwendung wie flickr stellen. Und plötzlich lernt das globale Gehirn etwas, was Sie gar nicht beabsichtigt haben“, betont O’Reilly.  Microsoft habe eine Software vorgestellt, die Photosynth http://labs.live.com/photosynth/ heißt. Mit ihr könnten aus aneinander gereihten Digitalfotos 3-D Modelle entworfen werden. Man müsse die Fotos nur mit „Tags“ versehen, also markieren, und jemand anderes nutzt das und führt alles zu einem 3-D Modell zusammen. „Wir bewegen uns also in Richtung künstlicher Intelligenz. Allerdings ist immer noch ein Mensch dahinter, der dem Programm sagt, was es tun soll. Aber das Beispiel zeigt, was mit der Nutzung kollektiver Intelligenz gemeint ist.  Wir geben immer mehr Daten in das globale Netzwerk ein, und Menschen schreiben Programme, die neue Verbindungen erstellen. Es ist, als würden die Synapsen des kollektiven Gehirns wachsen. Ich glaube, wir dürfen Überraschungen erwarten“, meint O’Reilly.  Die Informationen aus dem Internet werden nach seiner Erkenntnis auf viele verschiedene Arten zugänglich sein. „Wir denken immer, es gibt Milliarden Computer da draußen – aber das stimmt nicht. Es gibt eigentlich nur einen, und darum geht es im Web 2.0. Alles wird mit allem verbunden. Und was wir heute unter einem Computer verstehen, ist eigentlich nur ein Zugangsgerät zu dem einen weltweiten elektronischen Gehirn, das wir erschaffen“, sagt O’Reilly.  Webexperten halten die Visionen von O’Reilly für realistisch: „So wird die Spracherkennung eine Schlüsseltechnologie sein für den Zugriff auf das vernetzte Weltwissen. Wie häufig hätten wir gerne im Alltag genaue Informationen zu Sportergebnissen, Telefonnummern oder Adressen. Unendlich viele Dinge, die wir, wenn wir gerade im Internet wären sofort ‚er-googlen’ würden. Da das aber in der Freizeit und von Unterwegs selten der Fall ist und der Zugriff über das Handy mit Tastatur oder Touchscreen zu mühselig ist, verzichten wir meistens darauf, unseren Wissenshunger sofort zu stillen. Anders wäre es, wenn wir mit einfachen gesprochenen Suchbefehlen unsere Anfrage starten und die Suche dann bei Bedarf eingrenzen könnten, genauso, wie wir es derzeitig mit der PC-Tastatur und der Maus tun und das ganze jederzeit und von jedem Ort aus“, kommentiert Lupo Pape, Geschäftsführer von SemanticEdge http://www.semanticedge.de, die Analysen des Web 2.0-Vordenkers. Die fehlenden Bausteine dafür seien jetzt schon verfügbar sein, so dass es nur eine Frage der Zeit seit, bis sich die Menschen weltweit an dieses neue Interface gewöhnt haben. „Die Spracherkennung im personalisierten Diktiermodus ist schon sehr weit gereift, die mobilen Datenzugriffe werden immer schneller und auch Flatrates im Mobilfunk werden vermutlich bald genauso verbreitet sein wie im DSL-Geschäft“, weiß Pape.  Spannender werde es noch, wenn man in der nächsten Generation des Internets, dem SemanticWeb, auf eine gesprochene Frage nicht eine Flut von Weblinks angezeigt bekommt, sondern das Sprachdialogsystem gleich die richtige Antwort gibt. „Viele Informationen liegen bereits strukturiert vor wie Fahrplaninformationen, Telefonnummern, Sportergebnisse oder bewertete Restaurants und sonstige Adressen. Was fehlt ist eine Art Yahoo des ‚Voicewebs’, über das sich jeder personalisiert seine gewünschten Angebote zusammenstellen und über Sprache oder Multimodale Interfaces abfragen kann. Anfänge gab es auch hier schon in den USA mit Voice-Web-Portalen wie Tellme, einer Firma, die gerade von Microsoft aufgekauft wurde. Weltweit arbeiten sehr viele von Entwickler bei Google daran, die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine zu verbessern“, resümiert Pape. Weitere Beiträge zum Thema Künstliche Intelligenz und Sprachcomputer in der Onlineausgabe des Magazins NeueNachricht http://www.ne-na.de.

Mensch und Maschine kommen sich immer näher

Die Steinzeit habe man wohl erreicht, was die Entwicklung der Roboter angehe, meint Peter Kopacek, Leiter des Instituts für Handhabungstechnik und Robotertechnik der TU Wien http://www.tuwien.ac.at. Im Gespräch mit der österreichischen Tageszeitung Standard http://www.standard.at sieht er die Entwicklung der Roboter noch in den Anfängen: „Was die mobilen intelligenten Roboter angeht, haben wir die Eiszeit gerade erst verlassen. Jetzt befinden wir uns in der Steinzeit. Das reicht zur Unterstützung des Menschen im Alltag. Intelligenter als wir werden Roboter nie. Künstliche Intelligenz beruht auf Software, und hier schreibt immer der Mensch die letzte Programmzeile“, sagt der Wissenschaftler.  Auch fehle für reine Serviceroboter, die den Menschen im Alltag unterstützen, noch ein Markt. Ansätze einzelner Forschungsinstitute werden erst in geringem Maße verwertet. Hinzu kommt: Im Bereich der Servicerobotik sind die Entwicklungskosten hoch, die Verkaufszahlen dagegen gering“, so Kopacek im Standard-Interview.

Pilot- und Versuchsprojekte gibt es immer häufiger. Den größten Erfolg haben die Roboter seit jeher im Spielwarensektor. In diesem Sommer ist ein Dinosaurier-Roboter an den Start gegangen. Der intelligente Dino namens Pleo der US-Spielzeugfirma Hasbro http://www.hasbro.com macht sich auf, die Spielzeug-Welt zu erobern. Laut Bericht der Tageszeitung Die Welt http://www.welt.de ist Pleo „mit Hilfe ausgefeilter Technologien in der Lage, Kontakt mit seiner Umwelt aufzunehmen und auch dazuzulernen.“ 14 Motoren und sechs Prozessoren sorgen für die Interaktion mit dem 300 Dollar teuren Spielzeug, für das es bereits Vorbestellungen im Wert von knapp 20 Millionen Dollar gebe. „Auf der Nase des Dinosauriers ist eine kleine Digitalkamera angebracht. Zusätzlich gibt es 30 Sensoren, mit deren Hilfe Pleo Hindernissen ausweichen kann. Das plüschige Tier reagiert auch auf Berührungen, Lärm und Gesten. Dadurch ist es in der Lage, Reaktionen seiner Umwelt aufzunehmen und aus ihnen zu lernen“, so die Zeitung.Ebenfalls in diesem Sommer führte die Baumarktkette Toom http://www.toom-baumarkt.de in ihrer Erfurter Niederlassung einen Shoppingroboter namens Toomas ein. Er wird demnächst die Kunden völlig autonom bei der Artikelsuche unterstützen und diesen zum gewünschten Artikel leiten. Für die Technische Universität Ilmenau http://www.tu-ilmenau.de, die den Roboter mit entwickelte, hat die Servicerobotikforschung damit einen weiteren großen Schritt in Richtung Alltagstauglichkeit, Nutzerakzeptanz und Markttauglichkeit getan. Die TU steuerte bei dem Projekt die eigentliche Intelligenz des Roboters sowie Navigation zur Vermeidung von Hindernissen im Baumarkt bei. Konstruktion, Design, Fertigung und Inbetriebnahme des Roboters realisierte die Ilmenauer MetraLabs GmbH http://www.metralabs.com. Toomas ist in der Lage, selbständig eine digitale Karte des Baumarktlabyrinthes zu lesen, den eigenen Standort zu lokalisieren und den einfachsten Weg zu einem bestimmten Artikel auszuwählen. Mögliche Einsatzfelder solcher Lotsenroboter mit „Hostessfunktion“ sieht man bei der Universität laut Pressemitteilung unter anderem im Einsatz auf Flughäfen und Bahnhöfen, in Krankenhäusern und Behörden, wo Menschen in Ermangelung von Ortskenntnis und Ansprechpartnern individuelle Unterstützung benötigen. Die Maschinen kommen dem Menschen immer näher und stellen sich auf ihn ein. Das beweist auch die Entwicklung der Sprachtechnik. Lupo Pape, Geschäftsführer des Berliner Unternehmens SemanticEdge http://www.semanticedge.de, will in den konstruierten Computern oder Robotern aber wie Kopacek nicht den besseren Menschen erkennen. „Die Vision einer postbiologischen Welt ist nicht erstrebenswert. Heute geht es darum, dass sich der Mensch nicht länger dem Computer anpassen muss. Die Informationstechnik sollte sich an den Menschen anpassen.“ Softwaresysteme müssten intelligenter werden, damit sie besser verstehen, was der Mensch von ihnen will, fordert Pape. Auch Peter Kopacek differenziert bei der Bewertung der Roboter-Rolle: „Es gibt Tätigkeiten, bei denen Roboter uns überlegen sind. Andere wiederum fallen dem Menschen leichter. Hier wären Mensch-Maschine-Kooperationen sinnvoll“, so der Wissenschaftler.  

Die Republik der Sprachpanscher

In Bilanzpressekonferenzen, Broschüren, Pressemitteilungen und Vorstandsreden wird häufig mit abstandhaltenden Mogelpackungen der Sprache geblendet: „Wettbewerbstool mit Fokussierung der Komponenten der Implementierungsbreite supportet den Business-Success“, meldet ein Unternehmen der Informationstechnik. Fünf Euro fürs „Phrasenschwein“ wären für solche verbalen Quälereien noch die geringste Strafe. Für „variable Sequentierungsstrukturen und deren hardwareunterstützte Performance“ legen sich selbst Fachleute die Karten.  Semantische Nebelkerzen dominieren das Vokabular: In Firmen wird täglich in “Meetings” nach der “Strategy” gefahndet, um sich neu aufzustellen, Projekte einzukippen, “Commitments” zu erzielen und am Markt durch “Empowerment” den optimalen, effizienten und effektiven USP zu erreichen. USP steht für “Unique Selling Proposition” und ist in seiner Bedeutung profan: das einzigartige Verkaufsargument.

Neubabylonische Sprachpanscherei entsteht vor allem, wenn Englisch, Pseudoenglisch und Restdeutsch gemischt werden. Das seuchenhaft verbreitete “Einmal mehr” ist dem “once more” nachempfunden. Ständig wird gehandled, gemailt, gestylt, gemanagt oder getalkt. Führungskräfte “walken” eben zu ihren Mitarbeitern in wöchentlichen “Come together”. Selbstbewusst teilen Manager ihre “Facts” auf “Quarterly Business Review Meetings” mit, um danach “Finger food” zu verspeisen und Kollegen mit “Small talk” zu erfreuen. Schon vor Jahren legte ein Beamter des US-Geheimdienstes eine verdienstvolle Reihe sorgfältig recherchierter Schlüsselworte zusammen – eine multifunktionale Anleitung für das inhaltsleere Wortgeklingel. Man springt beliebig von links nach rechts über die Spalten und erwirbt den Ruf einer zitierfähigen Autorität. Von „konzentrierte Führungs-Ebene“ bis „ambivalente Interpretations-Kontingenz“.

Die Liste ließe sich auch berufsspezifisch erweitern, um den „ganzheitlichen Ansatz“ der „synthetischen Prozess-Communication“ zu untermauern und die „systematische Success-Analyse von CRM-Maßnahmen auf die „zielgruppenspezifische Evaluationspräzision“ im Bereich und auf Ebene der „Cross-Selling-Aktivitäten“ zu integrieren. Die Öffentlichkeit wird jeden Tag traktiert mit Wortblähungen, Floskeln und Pleonasmen. Stets liegt den Leerformeln ein nervendes Imponiergehabe zugrunde, das jenseits sprachlichen Ausdrucksvermögens wandelt und nichts, aber auch gar nichts mit dem Bemühen um ein treffendes Wort zu tun hat. Es ist ein Zeichen von Arroganz und Gedankenlosigkeit, wenn Arbeitslose ins „Job Center zum Casemanagement inklusive Bridging mit Key Account“ schicken will: Schlimmer geht’s nimmer. „Fix und fertig liegen die Phrasen in den Gehirnfächern, ein kleiner Anlass, ein Kurzschluss der Gedanken, und heraus flitzt der Funke der Dummheit“, schrieb der Satiriker Kurt Tucholsky.

Weniger Frust mit Service Hotlines

Die Initative Voice Business stellte auf den Voice Days den „Leitfaden – Qualitätskriterien für Sprachapplikationen“ vor. Er bietet erstmalig eine umfassende Auflistung und Beschreibung der bekannten Test- und Evaluationsverfahren, die die Qualität von telefonischen Sprachsystemen mess- und verbesserbar machen. Als „Richtlinie“ bietet er einen Rahmen, um das systematische Testen über den gesamten Lebenszyklus zu unterstützen. „Für den Anrufer ist die Servicequalität ein Gesamteindruck aus Erreichbarkeit, korrekter Aufnahme seines Anliegens sowie der zuverlässigen Bearbeitung. Man kann also folglich nicht die Mitarbeiterqualität von der Zuverlässigkeit des Sprachsystems entkoppeln. Wer sich als Call Center-Dienstleister kontinuierlich verbessern will, muss zunächst erstmal sich in die Lage versetzen, die Qualität seiner Dienstleistung umfassend zu messen. Beim Einsatz von Sprachsystemen kommt eine zusätzliche Schwierigkeit hinzu: Die einwandfreie Funktionsweise setzt das Zusammenwirken mit anderen Geschäftssystemen voraus; folglich müssen Mechanismen etabliert werden, die klare Verantwortlichkeiten im laufenden Betrieb verankern“, forderte Bernhard Steimel, Sprecher der Initiative Voice Business.

Ist bei Servicerufnummern ein Sprachcomputer vorgeschaltet, müssten Anrufer häufig ihre Anliegen nach einem Scheitern des automatischen Sprachsystems gegenüber Call Center-Agenten wiederholen. „Das schafft Frust und senkt die Servicequalität. Die Einreichungen zu den Voice Awards 2007 bestätigen, dass einheitliche Qualitätskriterien Not tun. Während die nominierten Services viele unserer jetzt dokumentierten Kriterien erfüllen, weisen die schlechter platzierten Sprachapplikationen Mängel auf, die bei konsequenter Vermeidung der bekannten Fallstricke mit vergleichsweise geringem Aufwand zu beheben gewesen wären. Die Qualitätssicherung muss ernster genommen werden: Sie erfordert, dass ein stetiger Prozess der kontinuierlichen Verbesserung angestoßen wird, denn eine Sprachapplikation ist mit der Inbetriebnahme nicht fertig“, erklärte Steimel in Bonn. Wie wichtig das Thema sei, zeigt eine aktuelle Umfrage unter 250 Call Center-Entscheidern: Mehr als die Hälfte der Auftraggeber erwartet von Call Center-Dienstleistern eine Zertifizierung. Von den Befragten sehen 66 Prozent eine Zertifizierung als wichtiges Instrument für das Qualitätsmanagement, 77 Prozent werten es als Gütesiegel für die gesamte Call Center-Branche.

„Unser Forderungskatalog umfasst daher ein Prüfsiegel für testierte Qualität – es muss für jedermann zugänglich sein (ähnlich TÜV-Plakette); die Schaffung einer unabhängigen Zertifizierungsstelle bei einem Spitzenverband wie BITKOM oder DIHK; regelmäßige Pflichtprüfungen für alle Dienstleister wie bei der PKW-Hauptuntersuchung, um die Mängelfreiheit und die Konformität mit gesetzlichen Regeln der Call Center Leistungen zu prüfen. Mit den Qualitätskriterien für Sprachapplikationen haben wir von unserer Seite bereits einige der Voraussetzungen auf diesem Wege geschaffen: Definition von Qualitätskriterien unter Berücksichtigung aller relevanten Erfolgsfaktoren; Darstellung von Maßen und Verfahren zur Qualitätssicherung: Das unterstützt die Auswahl der geeigneten Methoden im konkreten Einzelfall. Steigerung der Qualität der entwickelten Produkte durch fachlichen Austausch, neue Lösungsansätze und gemeinsames Lernen sowie der Förderung der Methodenkompetenz bei Applikationsentwicklern und Technologieanbietern“, so Steimel.

Aktiengesellschaften als Objekt der Streitlust: Berufskläger machen Kasse mit Anfechtungsklagen

Die Zahl der „Berufskläger“ gegen Aktiengesellschaften ist deutlich gewachsen – entgegen einem Versuch des Bundestags, die Zahl der Anfechtungsklagen zu verringern. Zum 1. November 2005 trat das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) in Kraft.  So sind alle Vereinbarungen zur Vermeidung und zur Beendigung eines Klagezulassungsverfahrens oder einer Anfechtungsklage vollständig bekannt zu machen. In der Regel erfolgt das im elektronischen Bundesanzeiger. „Die schlichte Auswertung der Pflichtveröffentlichungen im elektronischen Bundesanzeiger hat es jetzt an den Tag gebracht: Die Zahl der Berufskläger gegen Aktiengesellschaften ist rapide gewachsen. Der Versuch des Bundestags, dieses schmutzige Gewerbe durch das UMAG auszutrocknen, hat nicht gegriffen – im Gegenteil“, kommentiert die FAZ http://www.faz.net. Anleger sollten dabei nicht auf die Maske des altruistischen Robin Hood hereinfallen, mit der sich eine kleine Gruppe von Dauerklägern tarnt. „Ihr Geschäftsmodell lautet: Angefochten wird nicht, wo echte Rechtsbrüche vermutet werden, sondern überall dort, wo ein juristischer Hebel angesetzt werden kann“, so FAZ. Die Sperre für eine Eintragung ins Handelsregister hat sich dabei als das beliebteste Instrument herauskristallisiert.  Manuel Theisen, Professor für Betriebswirtschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München, identifizierte in einer Studie ein „Kläger-Kartell“ von 10 bis 30 Personen, das den Großteil aller Verfahren anzettelt. Die Beraterfirma Max Equity Marketing http://www.max-equitymarketing.de in München erstellte auf Basis dieser und eigener Berechnungen eine Rangliste. Demnach zogen die zehn fleißigsten Privatkläger in den vergangenen 18 Monaten mit 225 Fällen vor den Kadi. Kaum eine AG, der sie nicht in die Quere kamen. „Die räuberischen Aktionäre nutzen systematisch Anfechtungsklagen zu ihrem Vorteil aus“, zitiert die Financial Times Deutschland den Wirtschaftsexperten Theisen. Mehr als drei Viertel der Verfahren werden durch einen Vergleich beendet. „Nicht selten zahlen die Gesellschaften fünfstellige Beträge an die Berufsopponenten“, sagt Theisen. Allerdings bestehe der Verdacht, dass weitere Summen getarnt als Beratervergütungen oder Anwaltshonorare gezahlt werden.„Aufschlussreich für die wirklichen Motive dieser Kläger ist die Feststellung, dass fast alle Streitigkeiten mit einem Vergleich statt einem Urteil beigelegt wurden – sehr viel häufiger als bei sonstigen Zivilprozessen. Die von den Unternehmen dabei erstatteten ‚Anwaltskosten’ liegen wegen des hohen Streitwerts um ein Vielfaches über dem Wert des jeweiligen Aktienbesitzes. So konnte die Metropol GmbH des Kölner ‚Berufsopponenten’ Karl-Walter Freitag von der Felten & Guilleaume AG mehr als 100 000 Euro erhalten, obwohl sie nur zwei Aktien besitzt“, führt die FAZ aus. Weit oben auf der Rangliste steht die Pomoschnik Rabotajet GmbH (russisch für: „Der Vertreter arbeitet“). Deren Inhaber ist der Berliner Umzugsunternehmer Klaus E. H. Zapf, der – wie sein Mitgesellschafter Peter Zetzsche – überdies auf eigenen Namen weitere Prozesse führt.„In der Regel suchen ‚Berufsopponenten’ bereits im Vorfeld nach interessanten Kandidaten. Dazu gehören Aktiengesellschaften, die sich in einer wirtschaftlich schwierigen Situation befinden und bei denen die schnelle Eintragung der auf der Hauptversammlung zur Abstimmung vorgelegten Kapitalmaßnahmen ins Handelsregister die erfolgreiche Sanierung sichern soll“, schreiben Maximilian Fischer und Manuel Herold von  Max Equity Marketing. Der harte Kern der Klagefreudigen sucht systematisch nach Formfehlern in der Einladung zur Hauptversammlung, beschafft sich gezielt Informationen, bereitet sich intensiv auf den Auftritt bei Hauptversammlungen vor und provoziert nicht selten Formverstöße und Auskunftspflichtverletzungen. Ein perfektes Kreislaufsystem, das neue Nahrung für Anfechtungsklagen bietet. „Hintergrund dieser Aktionen auf Hauptversammlungen sind häufig private finanzielle Interessen. Obwohl Zahlungen an einzelne Anteilseigneroffiziell nicht erlaubt sind, werden von den betroffenen Unternehmen Mittel und Wege gesucht, um derartige Probleme ‚diskret’ zu lösen. Dies kann anstatt einer direkten Zuwendung an den klagenden oder drohenden Aktionär auch eine Honorarzahlung an einen von dem Aktionär beauftragten Anwalt sein“, so Fischer und Herold.  In einem Beschluss vom 18. Juni 2007 hat der zweite Senat des Bundesgerichtshofes verhindert, dass sich einzelne Anfechtungskläger gegen eine Aktiengesellschaft hinsichtlich ihrer außergerichtlichen Kosten einfach als Streithelfer an einen von einem anderen Anfechtungskläger geschlossenen Vergleich „andocken”. Dadurch konnten sie bislang mit minimalen Aufwand einen maximalen Ertrag erzielen: der Hauptkläger schrieb die Schriftsätze, die Trittbrettfahrer hingen sich einfach an, ohne selbst substantiell zur Tatsachenermittlung beizutragen. „Die aktienrechtliche Anfechtungsklage ist missbrauchsanfällig und sie dient häufig weniger ihrem eigentlichen Ziel einer Überprüfung der Gesetzmäßigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen als vielmehr dem Erwirtschaften von stattlichen Honoraren durch die Berufskläger“, kritisiert der Bonner Rechtsanwalt Markus Mingers http://www.justus-online.de. Er sieht „schwere Nachteile” für sämtliche Stakeholder der Gesellschaft. „Offenbar führt kein Weg mehr vorbei an der Einführung eines Mindestquorums für die Einreichung einer Anfechtungsklage“, so das Resümee der FAZ.

PowerPoint-Schaumschläger und die Qualen der Zuhörer – Microsoft-Software feiert zwanzigjähriges Jubiläum

Wer Karriere machen will, sollte seine Gedanken in angemessene Worte kleiden, so der Ratschlag von Earl Chesterfield – publiziert vor über 200 Jahren in dem Buch „Briefe an seinen Sohn Philip Stanhope über die anstrengende Kunst ein Gentleman zu werden“. Das Studium der Sprachen und der antiken Beredsamkeit nahm bei ihm eine einmalige Sonderstellung ein. Chesterfield selbst war ein Sprachmeister, der in England und Frankreich zu den belobtesten Köpfen der Zeit gehörte. Auf dem Weg zur rhetorischen Brillanz konnte nur die antike Redekunst voranhelfen, da es im Zeitalter des Absolutismus öffentliche Beredsamkeit außerhalb der Kirche nicht gab. Das sprachliche und geistige Korsett für mittelmäßige Manager unserer Tage heißt PowerPoint-Vortrag und Denglisch-Gequassel.„In Konferenzräumen, Hörsälen oder Klassenzimmern bedeutet das Schaumschlagen und Phrasendreschen mithilfe von PowerPoint http://de.wikipedia.org/wiki/Microsoft_PowerPoint für die Zuhörer oft stundenlange Qualen. Komplexe Inhalte werden auf die immer gleiche Darstellung reduziert, Gedanken in Einbahnstraßen gelenkt und das Auge mit skurrilen Überblendeffekten und unüberschaubaren Datenbergen gepeinigt“, bemängelt die Wirtschaftswoche http://www.wiwo.de. 1987 begann das Martyrium: Seit dieser Zeit liefert Microsoft das Präsentationsprogramm mit seinem Office-Paket aus. Rund 400 Millionen Menschen sollen mittlerweile darüber verfügen. Täglich werden rund 30 Millionen Präsentationen angefertigt. Jubelstimmung zum 20. Geburtstag kommt allerdings nicht auf: „Die lineare Struktur des Programms bremst nicht nur die Kreativität des Nutzers, der seine Gedanken in Folien und Gliederungspunkte zwingt. Sie schläfert auch die Zuhörer ein. Besonders, wenn der Vortragende aus Angst vor der freien Rede seine überfrachteten Folien vorliest“, so die Wirtschaftswoche.Manager sind nach Erfahrungen von Michael Müller, Wirtschaftssenator im Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) http://www.bvmwonline.de, nicht mehr in der Lage, in freier Rede ihre Gedanken zu äußern. „Besonders in der Branche für Informationstechnik, in der mein Unternehmen tätig ist, dominieren Weitschweifigkeit und Allgemeinplätze. Da werden jeden Tag Applikationen implementiert, Lösungen, Plattformen oder Innovationen für höhere Effizienz angeboten – natürlich immer von weltweit führenden Lösungs- und Diensteanbietern. Um was es in Wirklichkeit geht, bleibt ein Geheimnis der Phrasendrescher“, moniert Müller, Geschäftsführer von a&o http://www.ao-services.de. Das Gestammel der Fachleute habe Kurt Tucholsky aber schon vor über 70 Jahren durch den Kakao gezogen. „Auch damals gab es nichtssagende Modeworte und ein wichtigtuerisches Bürokratendeutsch. Geändert hat sich leider wenig“, sagt Müller.

Und es sind nicht nur die Unternehmensbosse, die so reden: „Fast alle, die im Weinberg des Zeitgeistes arbeiten, kommunizieren so: Sozialarbeiter, Gender-Beauftragte, Think-Tanker, Bürokraten, Wohlfahrtsverwalter, die ‚sinnstiftende Klasse’ ganz allgemein“, stellt Zeit-Mitherausgeber Josef Joffe fest: „Lernprozesse“ (früher „Lernen“) sind immer „kreativ“, Profile werden stets „geschärft“, um „kreativ genutzt“ zu werden. Das seien Wörter, so Joffe, die munter von der Festplatte purzeln. Besonders beliebt sei die Redundanz durch Wiederholung und Pleonasmen – „doppelt gemoppelt“.

Management-Experte Alexander Ross hat aus seinem langjährigen Erfahrungsschatz im Umgang mit Managern, als Moderator bei Fachkonferenzen und Redner eine Typologie des PowerPoint-Schwätzers erstellt: Da gibt es den „Überflieger“, der uns mindestens zehn Folien pro Minute um die Ohren haut, kurze Kommentare zu jeder Folie brubbelt und vor dem schnellen Weiterblättern noch darauf hinweist, dass die Zuhörer die Wortbrocken später im Detail nachlesen können. Häufig anzutreffen ist der „Im-Bild-Steher“. Er läuft hektisch zwischen Beamer und Leinwand hin und her oder vor den Zuhörern auf und ab. „Wahre Könner verbinden beides zu einer erratisch anmutenden Choreografie. Der ‚Im-Bild-Steher’ verdeckt gerne die Projektion, während er wieder und wieder auf die Folie schaut“, so Ross, Co-Autor des Buches „Fettnapf-Slalom für Manager“.

Artverwandt mit diesem Typus ist der „Autist“. Er redet zur Folie oder zur Wand, vielleicht auch zu sich selbst – in jedem Fall ist es unmöglich, diesem inneren Monolog zu folgen. „Autisten reden auch nicht, sie spulen den zum Bildchen gehörenden Text roboterhaft ab. Es versteht sich von selbst, dass beide Spezies keine Schwingungen aus dem Publikum wahrnehmen, sie spüren daher auch nicht, ob einer schläft, laut protestiert oder einfach den Saal verlässt“, sagt Ross. Als PowerPoint-Rhetoriker ist auch der „Lehrer“ ein nicht gerade seltenes Exemplar. Er weiß sowieso alles besser und bezwingt das Auditorium durch stupende Faktenfülle in die Knie. Zum Typus des „Befehlers“ gehören nicht nur Top-Führungskräfte, sondern viele, die sich aufgrund ihrer Position wenigstens einen Leibeigenen oder sonstigen Domestiken leisten können. Befehler beschränken sich bei Präsentationen auf das Reden, unterbrochen durch herrische Kommandos an den subalternen Helfer, endlich die nächste Folie an die Wand zu werfen. Für den strebsamen „Vorleser“ ist Ablesen unverzichtbar, da er mit Folien arbeitet, die überquellen und selbst mit Fernglas schwer zu entziffern sind. Der „Vorleser“ weiß sehr viel, und wir müssen dafür büßen.

Sprachliche Originalität und Eloquenz sind nach Meinung von Ross Mangelware bei den meisten Führungskräften. Dabei sei es im Geschäftsleben eine Frage von Sieg oder Niederlage, ob es gelingt, die inneren Werte und Überzeugungen angemessen zur äußeren Darstellung zu bringen und mit höchstem Effekt einzusetzen. „Du begreifst leicht, dass ein Mensch, der zierlich und angenehm redet und schreibt, der seinen Gesprächsgegenstand schmückt und verschönert, besser überreden und seine Absicht leichter erreichen wird als ein andrer, der sich schlecht ausdrückt, seine Sprache übel redet, niedrige, pöbelhafte Wörter gebraucht und bei allem, was er sagt, weder Annehmlichkeit noch Zierlichkeit hat…Man muss in allem, was man redet, überaus genau und deutlich sein; sonst ermüdet und verwirrt man andre nur, anstatt sie zu unterhalten oder zu unterrichten. Auch die Stimme und die Art zu reden sind nicht zu vernachlässigen. Manche schließen beim Reden beinah den Mund zu und murmeln etwas hin, so dass man sie nicht versteht. All diese Gewohnheiten sind unschicklich und unangenehm und müssen durch Aufmerksamkeit vermieden werden“, so Lord Chesterfields Empfehlung an seinen Sohn.

Reform der Verpackungsentsorgung: Verfahrensfehler und Berufsverbot für Selbstentsorger – Gutachter hält Novelle für nichtig

Berlin – Die Bundesregierung hat nach Auffassung des Bundesverbandes der Selbstentsorger http://www.bsvv.de bei der Novellierung der Verpackungsverordnung einen schwerwiegenden Verfahrensfehler begangen und die Beteiligungsrechte der betroffenen Unternehmen verletzt. „Der Grund: Sie hat die Durchführung einer notwendigen zweiten Anhörung der beteiligten Kreise unterlassen. Dieses Unterlassen verstößt gegen das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, das eine Beteiligung der betroffenen Wirtschaft normiert. Darum könne die Änderungsverordnung keinen Bestand haben“, so der Verband. Er bezieht sich auf eine rechtliche Stellungnahme des Trierer Umweltrechtler Professor Reinhard Hendler. Ausschlaggebend für diese Beurteilung seien zentrale Änderungen der Novelle, die das Bundesumweltministerium (BMU) kurz vor der Entscheidung des Bundeskabinetts – dem Vernehmen nach ohne Abstimmung mit anderen Ressorts – vorgenommen habe und die nicht Gegenstand einer Anhörung der beteiligten Kreise im März 2007 waren.  „Die betroffene Wirtschaft hatte im Novellierungsverfahren keine Gelegenheit, zu diesen zentralen Änderungen Stellung zu beziehen“, so die Interessenvertretung der Selbstentsorger. Das in Anhörungen zum Ausdruck kommende Kooperationsprinzip besitze für das Bundesverfassungsgericht vor allem bei der abfallrechtlichen Produktverantwortung eine tragende Bedeutung. Das BMU sei mit der Aussage in das Novellierungsverfahren getreten, die Tätigkeitsfelder von dualen Systemen und Selbstentsorgern klar voneinander trennen zu wollen. Dies sei der „Kern“ der Novelle. „Um den Entfaltungsraum der Selbstentsorgung zu gewährleisten, hat die März-Fassung der Novelle den Kreis der so genannten vergleichbaren Anfallstellen, für deren Entsorgung ausschließlich duale Systeme zuständig sein sollen, eingeengt und den Kreis der so genannten gewerblichen Anfallstellen erweitert“.  Die vom Bundeskabinett verabschiedete Fassung änderte jedoch den „Kern“ der Novelle erneut ab, indem der Kreis der vergleichbaren Anfallstellen zu Gunsten dualer Systeme erheblich ausgedehnt worden sei. Das Tätigkeitsfeld der Selbstentsorgung würde dadurch bedeutungslos und entsprechende Geschäftsmodelle wären gefährdet. Der Verordnungsgeber würde die Selbstentsorgung auf kaltem Wege abschaffen. Kritik an der Neuordnung des Verpackungsrecycling kommt auch von der FDP-Bundestagsfraktion: Das Ganze sei überholt, unflexibel für den weiteren technischen Fortschritt, für die Menschen unnötig kostspielig und ökologisch widersinnig. „Die so genannten Fehlwurfanteile im System ‚Grüner Punkt’ in Ballungsgebieten mitunter bis zu 50 Prozent. Der Inhalt von ‚grauer Tonne’ und ‚gelbem Sack’ ist mancherorts also mehr oder weniger identisch. In der kommunalen Restmülltonne findet sich deshalb oft ein sehr hoher Anteil verwertbaren Materials, der dem Recycling im System ‚Grüner Punkt’ damit verloren geht. Dies ist nicht akzeptabel, insbesondere weil moderne Technik oftmals in der Lage ist, Hausmüll und Wertstoffe maschinell zu trennen“, heißt es in dem FDP-Antrag „Verpackungsverordnung sachgerecht novellieren – Weichen stellen für eine moderne Abfall- und Verpackungswirtschaft in Deutschland“. Die Mülltrennung über den Grünen Punkt erreiche für einen Milliardenaufwand gerade einmal 1,7 Prozent der Gesamtabfallmasse in Deutschland. Mit der geplanten Novelle werde der Wettbewerb zwischen den Systemen noch stärker eingeschränkt. „Für den Übergang zu einem durchgängig materialbezogenen und mengensteuernden Konzept gilt es, zunächst einen Systemwettbewerb unter fairen Bedingungen ins Leben zu rufen. Weder darf neuen Unternehmen der Zugang zu (Teil-)Märkten der Verpackungs- und Abfallwirtschaft verwehrt oder erschwert werden, noch darf durch eine undifferenzierte Zerschlagung bestehender Strukturen Kapital vernichtet werden“, so die FDP.  Wirtschaftsprofessor Carl-Christian von Weizsäcker bezeichnet die gegenwärtige Wettbewerbssituation bei der Verpackungsentsorgung als unbefriedigend. Ein Quasi-Monopol habe zu enormer Kostentreiberei zu Lasten der Verbraucher geführt. Mehr Wettbewerb und die Förderung umweltschonender Materialinnovationen seien das Gebot der Stunde. Novelle darf nicht zur Schutzveranstaltung für die teuerste Verpackungsentsorgung in Europa verkommen. Als erstmals 2001 Wettbewerber des Müllkonzerns Duales System Deutschland (DSD) auf den Markt kamen, hätten Wettbewerbsfeinde auch damals das Schreckgespenst Systemkollaps an die Wand gemalt, um die Marktbeherrschung des DSD zu zementieren.  Siehe auch:  http://www.umweltjournal.de/fp/archiv/AfA_recycling/13143.php http://www.recyclingmagazin.de/rm/news_detail.asp?ID=7998&SID=6905406624970200  http://www.neuenachricht.de/A556D3/nena/nena_neu.nsf/0/D46F8BCD02CC2B4AC1257364003FC241?OpenDocument  http://www.handelsblatt.com/news/printpage.aspx?_p=200040&_t=ftprint&_b=1176592  http://www.aikor.de/info/05051001.pdf

Von der Leyen, Kinderspitzel und die Kontrollobsessionen des Staates

Familienministerin Ursula von der Leyen http://www.bmfsfj.de wollte Kinder und Jugendliche als „Testkäufer“ von Alkohol, Zigaretten und Gewaltspielen einsetzen, um den Jugendschutz zu verschärfen. Nach heftiger Kritik macht sie jetzt einen Rückzieher: „Ich will jetzt nichts durchpeitschen, sondern glaube, dass uns eine Atempause hilft, über wirksame Schritte im Jugendschutz zu diskutieren“, sagte von der Leyen (CDU) der Bild-Zeitung. Wie verhindert werden kann, dass Kinder und Jugendliche in Deutschland zu einfach an Schnaps, Tabak und Gewaltspiele kommen, solle jetzt von einem Runden Tisch beraten werden. „Von dem erwarte ich aber auch, dass konkrete Vorschläge zur Verbesserung des viel zu laschen Jugendschutzes vorgelegt werden, die von allen mitgetragen werden können“, so von der Leyen. Nach Auffassung von Michael Müller, Wirtschaftssenator im Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) http://www.bvmwonline.de und Geschäftsführer des IT-Dienstleisters a&o http://www.ao-services.de, wolle die Ministerin nur Zeit gewinnen und werde zu einem neuen Schlag ausholen.„Die Familienministerin hat mit ihrer Gesetzesinitiative zum Einsatz von Kinderspitzeln unter Beweis gestellt, wie weit der Staat als moralischer Wachposten gehen will. Unter dem Banner der Fürsorge und Vorsorge entwickelt sich Deutschland immer mehr zu einer Hausmeister-Republik: Raucher, Einzelhändler, Autofahrer und Computerspieler stehen mittlerweile unter Generalverdacht der Politik. Die Exekutive entwickelt sich zu einer moralischen Ordnungsmacht, um vermeintliche Sünder öffentlich zur Schau zu stellen. Die Kontrollobsessionen schrecken noch nicht einmal vor dem Einsatz Minderjähriger zurück“, kritisiert Müller. Der Staat scheine sich wohl zu fühlen als Hüter der Sittlichkeit. Er fördere leider ein Klima des Misstrauens und erzeuge ein Vollbeschäftigungsprogramm für Alarmrufer, Denunzianten und Ankläger. „Von der Leyen verdient nicht nur die Kopfnote 5, wie von einer Tageszeitung vorgeschlagen, ihre Versetzung ist akut gefährdet“, so Müller. Siehe auch: http://www.neuenachricht.de/A556D3/NENA/NENA_NEU.nsf/0/80E703272D03F368C12573750048F50F?OpenDocument

Berufsverbot, Downcycling, Müllmix in Gelben Tonnen und Marktbarrieren: Die misslungene Reform der Verpackungsentsorgung

Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, soll die von ihr beschlossene fünfte Novelle der Verpackungsverordnung nicht nur die haushaltsnahe Sammlung sichern, sondern auch langfristig fairen Wettbewerb garantieren. Künftig bestehe ein klarer Rahmen für den Wettbewerb bei der Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen, heißt es aus dem Bundesumweltministerium. Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitutes, sieht das anders. Wettbewerb, so sein Urteil, findet nach wie vor nicht statt. Im Gespräch mit dem Wirtschaftsmagazin NeueNachricht bezeichnet er den Markt der Entsorgung für gebrauchte Verkaufsverpackungen als „quasi-monopolistisch“. Der Anschlusszwang an die so genannten dualen Sammelsysteme werde die Trittbrettfahrerei nicht eindämmen. Man wolle nur den konkurrierenden Selbstentsorgersystemen das Wasser abgraben. Faktisch führe das Novellierungsvorhaben des Bundesumweltministeriums (BMU) zu einem Berufsverbot für Selbstentsorger mit schwerwiegenden Eingriffen in grundrechtliche Freiheiten, warnt ein Branchenkenner. In der letzten Abstimmungsrunde der Staatssekretäre sei das Bundeswirtschaftsministerium wohl über den Tisch gezogen worden, denn im Gegensatz zu früheren Entwürfen des BMU, werde den Selbstentsorgern jetzt noch nicht einmal die Entsorgung gewerblicher Anfallstellen zugesprochen. In Großküchen, Kantinen oder Hotels sei das aber äußerst sinnvoll.
 
„Wie können DSD-Interessenvertreter permanent behaupten, dass 98 Prozent des Verpackungsabfalls von Drogerieunternehmen wie dm, Schlecker oder Rossmann, die beim Grünen Punkt mit Teilmengen ausgestiegen sind und auf Selbstentsorgung setzen, in Gelben Tonnen und Säcken landen. In den Mengenstrombilanzen für die haushaltsnahe Abfallsammlung über das Grüne Punkt-Müllsystem wird kräftig gemixt. Wenn man Fehlwürfe, normalen Restmüll, Gewerbeabfall oder Metallschlacke von Müllverbrennungsanlagen aus der Erfassung rausrechnet, bleiben nicht mehr sehr viele Verkaufsverpackungen übrig. Bei der Selbstentsorgung über Großverbraucher sieht das anders aus. Hier werden definitiv Verpackungen erfasst“, so die Erfahrungen eines Handelsmanager. Er glaubt nicht, dass man die Probleme des früheren Müllmonopolisten mit rechtlichen Mitteln jedenfalls in den Griff bekommen könne. Das DSD habe seine Funktion als Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Wirtschaft mit dem Verkauf an den amerikanischen Finanzinvestor KKR und der Aufgabe des Non-Profit-Prinzips verloren: „In internen Analysen war man sich bewusst, dass die Solidarität bei der Finanzierung des Müllsystems sinken wird. So befürchteten die DSD-Oberen eine geringere Kundenbindung durch das Ausscheiden der Gesellschafter und eine höhere Abwanderung zum Wettbewerb oder in die Verweigerung. Risiken, die in der Umwandlung des DSD von einem Non-Profit zu einem profitorientierten Unternehmen liegen, bezeichnete man als nicht quantifizierbar und demnach nicht planbar. Genau diese Entwicklung ist eingetreten, wie man am Beispiel Rewe sieht“.
 
„Hohe Marktzutrittsbarrieren, die vornehmlich rechtlicher Art sind, jedoch zu einem gewissen Teil auch vom marktbeherrschenden Unternehmen DSD ausgehen, verhindern echten Wettbewerb“, kritisiert Straubhaar. Auch die Kosteneffizienz der Verpackungsentsorgung lasse zu wünschen übrig: „Das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei der Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen in Deutschland ist tatsächlich als sehr schlecht zu bezeichnen. Der Aufwand, um das Äquivalent eines Liter Rohöl einzusparen, ist 10 Mal höher als der Wert des Liter Rohöl auf dem Weltmarkt. Zudem existiert momentan kein Wettbewerb um Sammlungs- und Logistiksysteme sowie um Entsorgungs- und Verwertungskapazitäten, weil alle dualen Systeme das gleiche Erfassungssystem nutzen. Dadurch liegen erhebliche Effizienzpotenziale brach. Nutzt man diese aus, so wären gesamtwirtschaftliche Kostenentlastungen zu erwarten“, so Straubhaars Appell für mehr Wettbewerb.
 
Außerdem biete die Verpackungsverordnung „keine signifikanten Innovationsanreize. Es fehlt an Innovationsfreundlichkeit und Anpassungsfähigkeit sowohl hinsichtlich der Optimierung der Kosten als auch bei der Erreichung von Umweltzielen.“ So gebe es durchaus Hersteller und Vertreiber von innovativen Verpackungsmaterialien, die ihre Materialien im Sinne eines echten Recyclings im Kreislauf führen wollen und die nicht daran interessiert sind, dass ihre Materialien nach Gebrauch einer minderwertigeren Verwertung zugeführt werden. Deshalb schlägt er regionale Kreisläufe vor. „Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, die ihre Innovationen gar nicht schlagartig bundesweit vermarkten können, werden dazu angeregt, Innovationen hervorzubringen oder bestehende innovative Lösungen zu vermarkten, was wiederum Wettbewerb fördert.“
 
Die Verpackungsentsorgung sei nicht zuletzt deshalb so teuer, „weil das Recycling von Kunststoffverpackungen im Allgemeinen im Vergleich etwa zu Papier oder Glas unzulänglich ist.“ Eine Kreislaufführung von Kunststoffverpackungen gebe es in der notwendigen Breite noch nicht. „Man müsste Anreize schaffen, damit innovativen Kunststoffen, aus denen man nach Gebrauch wieder Verpackungen fertigen kann, der Marktzutritt möglich wird. Das spart Ressourcen ein, vermeidet Abfälle und könnte die Verpackungsentsorgung sogar verbilligen“, so Straubhaar gegenüber NeueNachricht.

Künstliche Intelligenz wichtig für Alltagstechnologie

Im Jahr 2050 sollen menschenähnliche Roboter auf zwei Beinen nach den offiziellen Fifa-Regeln gegen den dann amtierenden, menschlichen Fußball-Weltmeister spielen – und gewinnen. Das zumindest haben sich Experten der Roboterentwicklung auf die Fahnen geschrieben. Doch bis dahin ist der Weg noch weit. Gleichwohl machen moderne Roboter stetig Fortschritte. So wurde an der Universität Bielefeld das neue Forschungsinstitut für Kognition und Robotik (CoR-Lab) in Betrieb genommen. Zudem wurde eine Forschungskooperation zwischen der Universität und der Honda Research Institute Europe GmbH unterzeichnet, die universitäre und industrielle Grundlagenforschung vereinen soll. Die Roboter sollen mit kognitiven und sozialen Fähigkeiten ausgestattet und damit zu alltagstauglichen Assistenten für den Menschen gemacht werden. „Stargast“ der Eröffnung war Asimo, ein menschenähnlicher Honda-Roboter. Über 20 Jahre nach der Präsentation des ersten Modells hat sich die neueste Generation prächtig entwickelt:

„Im Kreis rennen, die Hand schütteln und einen Wagen schieben, gehören neben dem Tragen eines Tabletts zu seinem neuen Repertoire. Tatsächlich wollten manche Zuschauer in Bielefeld den kleinen weißen Mann am liebsten sofort als Kellner für die nächste Party anheuern“, berichtet die Berliner Zeitung. „Die Hochschule ist die erste in Europa, die den am weitesten entwickelten humanoiden Roboter der Welt zu Forschungszwecken gestellt bekommt. Honda legt für die geplante Zusammenarbeit sogar Teile der bisher wie ein Goldschatz gehüteten Steuerungssoftware der Maschine offen“, so die Zeitung.

Auch einen Ball kann Asimo mithilfe eines Infrarotsenders mittlerweile erkennen und wegkicken. Bei den Dribbelkünsten wird er Ballack und Co. jedoch in absehbarer Zeit nicht die Schau stehlen.

Beim Bonner Fachkongress Voice Days präsentierte das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) den Ligabot. Der anthropomorphe Agent ermöglicht es, über ein Sprachdialogsystem aktuelle Informationen über Spielergebnisse, Spielorte, nächste Begegnungen und die Tabellensituation der laufenden Saison zu erfragen. Für die Interaktion mit den Benutzern wird in der vorliegenden Beispieldomäne Fußball ein virtueller Fußballexperte eingesetzt, der Fragen des Besuchers mit einer künstlichen Stimme sowie entsprechender Mimik und Gestik beantwortet.

Für Gerhard Sagerer, Direktor und einer der Gründerväter des Cor-Labs ist die Verständigung zwischen Mensch und Maschine eine der entscheidenden in der Roboterforschung: „Wir wollen Roboter bauen, die mit der häufig fehlenden Eindeutigkeit der menschlichen Kommunikation umgehen können, das heißt, dass sie auch nicht ganz klare verbale Anweisungen und Gesten sinngemäß interpretieren können”, so der Wissenschaftler. Ziel sei es, dass sich die Maschine dem Menschen anpasse und nicht etwa umgekehrt. Das sieht man auch beim Berliner Unternehmen SemanticEdge so. Bei Sprachdialogsystemen bestehe darüber hinaus ein klarer Zusammenhang zwischen so genannten Human-Touch-Dialogen, die dem menschlichen Sprechen sehr nahe kommen und der Akzeptanz des Systems.

„Wir wollen keine starren Dialoge steuern, bei denen man nur bestimmte Begriffe verwenden kann, sondern freies Sprechen ermöglichen”, sagt Lupo Pape, Geschäftsführer von SemanticEdge.

Bei einem Dialog mit menschlichen Zügen werde sich der Anrufer eher angenommen fühlen als bei einem mit starrer Menüführung und Abfrage von bestimmten Antworten, so Pape. Das Ziel der Sprachdialoge sei es, den Erwartungen des Menschen so nahe wie möglich zu kommen.

„Softwaresysteme müssen intelligenter werden, damit sie besser verstehen, was der Mensch von ihnen will und damit sie sich umgekehrt dem Menschen einfacher verständlich machen“, fordert Pape.

Statt Rechenmaschinen mit menschlichem Bewusstsein zu konzipieren, konzentrieren sich Wissenschaftler auf nützliche Werkzeuge für die Informatik und kooperieren sehr eng mit der Wirtschaft. Das funktioniert besondert gut bei der Analyse natürlicher Sprache. Mit rund 120 Unternehmen, die etwa Dialogsysteme für Navigationsgeräte, Fahrkartenautomaten, Logistiksystemen oder Diktiersoftware entwickeln und marktfähig machen, liegen wir international an der Spitze. Dieser pragmatische Ansatz der KI-Forschung ist unverzichtbar geworden für die Alltagstechnologie.